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Palmöl zertifizieren ist gut, ersetzen besser

Palmöl ist Bestandteil vieler Produkte des täglichen Bedarfs. Unternehmen, die Zeit, Geld und Hirnschmalz investieren, können es aber auch ersetzen.

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Foto: Mario Offenhuber Mario Offenhuber

Kapitalstarke Investmentfonds haben keinen sonderlich guten Ruf. Landläufig werden sie gerne als „Heuschrecken“ bezeichnet. Gewissenlose Abzocker, für die nur die Rendite ausschlaggebend ist. Aber wie das mit Klischees eben so ist, stimmen sie manchmal überhaupt nicht. Oder wer hätte gedacht, dass sich der mächtigste Fonds der Welt wegen ökologischer Bedenken von ertragreichen Anlagen verabschiedet?

Der norwegische Staatsfonds verwaltet rund 650 Milliarden Euro. Wenn seine Investments evaluiert werden, geht ein Raunen durch die Finanzwelt. Diese „Heuschrecke“ hat vor wenigen Wochen beschlossen, sich aus Unternehmen zurückzuziehen, die an der Produktion von Palmöl beteiligt sind. Die Entscheidung wurde mit den schweren Umweltzerstörungen bei der Herstellung des Öls argumentiert.

Dieser Schritt kann nicht hoch genug bewertet werden, kommt er doch nicht aus dem üblichen Öko-Eck. Gleichzeitig verdeutlicht er das Dilemma, in dem wir in punkto Palmöl stecken. Niemand möchte, dass Regenwald gerodet und indigene Bevölkerung vertrieben wird – und doch befindet sich in jedem zweiten Produkt, das man in heimischen und auch norwegischen Supermärkten kaufen kann, Palmöl.

Der weltweite Bedarf nach pflanzlichen Ölen ist enorm, und dank ihres hohen Ertrags verbrauchen Ölpalmen weitaus weniger Fläche, als andere Ölpflanzen. Die Ölpalme deckt etwa ein Drittel des globalen Bedarfs nach pflanzlichen Ölen. Es ist ein „Gleichgewicht des Schreckens“ das uns diese Pflanze bietet (siehe Infobox): auf der einen Seite ein ökonomischer Faktor und andererseits eine ökologische Katastrophe.

Palmöl im Waschmittel

Den Pernauer Chemiewerken aus Wels ist die Problematik durchaus bewusst. Pernauer entwickelt und produziert Reiniger, Waschmittel und Kosmetik, u.a. die Linien „bi good“ für BIPA oder „Splendid“ für Spar. Geschäftsführer Manfred Schmirl setzt auf eine Doppelstrategie: Kommunikation und Substitution.

Schmirl möchte Überzeugungsarbeit leisten und die Brisanz des Themas darlegen: „Man muss die Tatsache, wie stark der Einsatz von Palmöl bei uns ist, in Erinnerung rufen. Das wissen die Wenigsten.“ Das wissen zumeist auch die Einkäufer, etwa der großen Handelsketten, nicht. Schmirl ortet aber schon eine gewisse Bereitschaft, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. „Wir sensibilisieren diese Multiplikatoren und bereiten so den Weg für Substitute.“

Im zweiten Schritt geht es darum, chemische Verfahren zum Ersatz von Palmöl zu entwickeln. Pernauer setzt dabei auf heimische Öle aus Raps und Sonnenblumen. Besonders vielversprechend sei die Verwendung von Fettsäuren die in der Lebensmittelindustrie als Abfallprodukt ausgeschieden werden. Allerdings gibt es wenig Know-how in der Verwendung dieses Grundstoffs und schon alleine der Eigengeruch von Rapsöl ist ein Problem. „Da muss man viel in die Aufbereitung stecken. Niemand will, dass sein Waschmittel stinkt“, so Schmirl.

Auch Werner & Mertz, deutscher Hersteller der Reinigungslinie „Frosch“ setzt auf zunehmenden Einsatz heimischer Pflanzenöle. Das Unternehmen, zu dem auch die Halleiner Erdal GmbH gehört, verwendet dabei Raps, Oliven und Flachs. Wo ein Ersatz bislang nicht möglich ist, wird auf zertifiziertes Palmöl zurückgegriffen.

Die bekannteste Palmöl-Zertifizierung stellt das Label des Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) dar. Es sichert allerdings nur Minimalstandards und seitens Umweltschutzorganisation wird immer wieder kritisiert, dass Unternehmen dieses Zertifikat auch zum Zwecke des „Greenwashing“ verwenden. Ein Stempel, der einer schlimmen Sache ein sympathisches Gesicht verleihen soll.

Schmirl hält nichts von diesen Zertifikaten. „Das heißt ja nur, dass es eine Kommission gibt, die sagt, dieses Palmöl ist nicht unter ganz so schlimmen Bedingungen produziert worden.“ Es bleibt weiterhin Palmöl, für dessen Herstellung Regenwald gerodet wurde und die Überprüfung der Produktionsmethoden ist schwer bis gar nicht möglich.

Bei Kelly – dem österreichischen Inbegriff für Knabbergebäck – hat ebenso der Ersatz von Palmöl Vorrang vor dem Einsatz zertifizierter Ware. „Wir haben vor rund fünf Jahren Palmöl für alle frittierten Produkte ersetzt“, erklärt Maria Bauernfried, Marketing Director bei Kelly. Verwendet wird seither ein spezielles Sonnenblumenöl. „Zu Beginn der Umstellung gab es ganz viele Reklamationen“, ergänzt Bauernfried. Der Umstieg ließ etwa Chips nicht nur etwas anders schmecken, sondern veränderte auch das Aussehen. „Die wirken etwas fettiger, obwohl sie den gleichen Fettgehalt haben.“

Bei den gebackenen Produkten, wie beispielsweise Soletti, hat Kelly vor einem Jahr den Umstieg versucht. „Das ist leider komplett schief gegangen“, so Bauernfried. Es gab massive Probleme mit anderen Ölen, die nicht so haltbar sind und die Akzeptanz der Konsumenten war nicht gegeben. Es laufen weiterhin Versuche zur Substitution, in der Zwischenzeit wird zertifiziertes Palmöl verwendet.

Ecover ist ein weiteres Beispiel, wie der Umstieg auf alternative Öle schief gehen kann. Das belgische Unternehmen verkauft seit mehr als drei Jahrzehnten grüne Reinigungsprodukte. Im Vorjahr hat man versucht, ein Waschmittel auf den Markt zu bringen, dessen Tenside auf Basis von Algenöl erzeugt werden. Und obwohl damit alle negativen Auswirkungen der Palmölproduktion hätten vermieden werden können, ist es letztlich nicht dazu gekommen.

Der Grund: synthetische Biologie. Das Öl wird mithilfe gentechnisch manipulierter Mikroorganismen hergestellt. Damit erreichen die Algen einen weitaus höheren Fettgehalt. Mit diesem Verfahren handelte sich Ecover Kritik vieler Umweltschutzorganisationen ein. Einer kurzen Debatte über Risiken und Chancen folgte die Entscheidung, vorerst beim Palmöl zu bleiben und nach neuen Alternativen Ausschau zu halten. Ecover wollte nicht riskieren, mit diesem Thema sein eigentlich grünes Image zu beschädigen.

Auf heimische, europäische Pflanzenöle setzt hingegen das schweizerische Unternehmen Good Soaps, deren Reinigungsmittel in Österreich bei Interspar und Metro erhältlich sind. „In meinen früheren Tätigkeiten habe ich mehrere Palmölplantagen besucht und aus erster Hand den Anbau von Palmöl erlebt. Diese Erfahrungen haben mich veranlasst, 2011 die Firma Good Soaps zu gründen“, erzählt Geschäftsführerin Dr. Regine Schneider. Ziel war die Herstellung von ökologischen Reinigungsmitteln, die vollständig auf Palmöl verzichten. Dank der Entwicklung eigener Produktionstechnologien, ist das Unternehmen seither der einzige Hersteller von pflanzlichen Reinigern, der weder Palmöl noch andere tropische Öle einsetzt.

Für Manfred Schmirl von Splendid wäre es vor allem wichtig, dass der Palmölverbrauch nicht weiter ansteigt. „Damit haben die Produzenten keinen Anreiz mehr, weitere Landstriche zu roden.“ Sein eigenes Unternehmen sieht er dabei als „kleines Staubkorn“, das aber dennoch wertvolle Signale setzen kann.

Signale, die Bewusstsein schaffen und ein Umdenken ermöglichen. Da hilft es natürlich sehr, wenn neben kleinen Staubkörnern auch ein richtig großer Felsbrocken wie der norwegische Staatsfonds sein Statement abgibt.

Das Gleichgewicht des Schreckens.
Palmöl hat zumindest so viele Vorzüge wie Nachteile:

  • höchste Flächenleistung aller Ölpflanzen
  • billigstes Pflanzenöl
  • feste Konsistenz, keine chemische Härtung notwendig
  • geschmacksneutral
  • besonders hitzestabil
  • lange haltbar
  • gut streichfähig
  • Produktion benötigt viele Arbeitskräfte
  • hohe wirtschaftliche Bedeutung für die Anbauländer
  • gedeiht nur im tropischen Regenwaldklima
  • Brandrodungen schädigen Klima
  • Produzenten vertreiben und entrechten indigene Bevölkerung und Kleinbauern (Landgrabbing)
  • Bedrohung der Artenvielfalt
  • hoher Anteil an gesättigten Fettsäuren
  • Herstellung extrem chemieintensiv
  • oftmals schlechte soziale Standards in der Produktion

Tipps für die palmölfreie Ernährung: www.umweltberatung.at/palmoel

Barcode-App zur Identifikation von Inhaltsstoffen in Lebensmitteln: www.codecheck.info.

Autor: Mario Offenhuber