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"Das UWFPZ-Mittel"

Lesen Sie den Siegertext beim Schreibwettbewerb "Unser Leben - unsere Zukunft" von Jakob Rumpler.

Ein Mann liegt auf einer Wiese, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Der Himmel ist grau eingefärbt.
Foto: Pexels, Pixabay

„So eine Frechheit!“ Herr Klinkerbein hatte bis heute noch in einer Tischlerei gearbeitet. Da die Schreinerei sich aber wegen der Coronapandemie nicht über Wasser halten konnte, hatte ihre Geschäftsleitung kurzerhand beschlossen, einen Haufen Mitarbeiter zu kündigen.

Darunter auch Robert Klinkerbein. Zornig stieß er die Tür seiner kleinen, aber feinen Wohnung auf. Energisch drängte er seinen Hund Tommy beiseite. Der Vierbeine schaute seinen Besitzer fragend an. Normalerweise begrüßte sein Herrchen ihn immer, sobald es nach Hause kam. Doch heute war alles anders. Herr Klinkerbein nahm sich einen großen Becher Schokoeis aus seinem Kühlschrank und setzte sich auf sein kleines, knarzendes Sofa. Seine Mutter hatte ihm immer gesagt: „Schokoladeneis hilft gegen Kummer.“ Nachdem er fast den ganzen Becher gegessen hatte, schlief er mit einem Schokomund ein.

Er träumte von seiner Mutter. Leider war sie schon vor zwei Jahren an Krebs gestorben. Als sie im Sterben lag, waren ihre letzten Worte gewesen: „Glaube immer an dich! Auch wenn es so scheint, als gäbe es keine Hoffnung.“ Als er aufwachte, war es schon 9:00 Uhr und die Sonne schien durch das Fenster. Er dachte über seinen Traum nach und wurde traurig. Tommy, der am Fußende von Herrn Klinkerbeins Sofa geschlafen hatte, kuschelte sich zu ihm, da er spürte, dass etwas nicht stimmte. Doch plötzlich verstand Robert. Sein Traum war eine Nachricht gewesen. Eine Nachricht seiner Mutter. Und sie hatte recht. Er konnte hier nicht einfach herumsitzen und abwarten. Aber in diesen Zeiten einen Job zu finden, war nicht gerade leicht. In Abgashausen, der Stadt, in der er lebte, gab es sowieso nur Stellen in Fabriken, und dort zu arbeiten war nicht gerade Herrn Klinkerbeins Traum. Er musste sich etwas anderes überlegen. Etwas, was die Welt in diesen Zeiten brauchte. Etwas, mit dem er helfen konnte. Er wusste nur noch nicht was. Also schlief er eine Nacht darüber, und hoffte, dass sein Traum ihm vielleicht helfen konnte. Wie letzte Nacht träumte er von einem Ereignis, welches in der Vergangenheit passiert war.

Herr Klinkerbein träumte von seinem Hund. Der litt schon seit seiner Geburt an einer Plastikallergie. Dass sie in Abgashausen wohnten, macht das Ganze natürlich auch nicht besser. Aber hier waren nun mal die einzigen Wohnungen, die sich Herr Klinkerbein mit seinem bisschen Geld leisten konnte. Eines Tages hatte es Tommy besonders schlimm erwischt. Sie waren im Wald – und nein, nicht in Abgashausen, da es dort kein einziges Plätzchen Grün mehr gab, sondern in einem Nachbarort – spazieren gewesen, als sie plötzlich an einer illegalen Mülldeponie im Wald vorbeikamen. Wer auch immer dafür verantwortlich gewesen war, hatte einen Haufen Müll einfach auf eine Lichtung gebracht. Auf jeden Fall fing Herr Klinkerbeins Vierbeiner plötzlich an zu krampfen. So schnell er konnte, rannte Herr Klinkerbein mit seinem Hund in den Armen zum Auto. Dort angekommen fuhr er mit ihm in die Tierklinik. Tommy überlebte, doch danach fragte sich Herr Klinkerbein, ob er noch einmal so viel Glück haben würde. –  Schweißgebadet fuhr Herr Klinkerbein hoch. Plötzlich ging ihm ein Licht auf. Er wusste, was er erfinden würde: ein umweltfreundliches Plastik-Zerstörungs-Mittel! Sofort ging er in seine Werkstatt in seiner Garage und fing an, sich Notizen zu machen und Pläne zu erstellen.

Zwei ganze Jahre waren vergangen, in denen er geforscht und experimentiert hatte. Nebenbei hatte er in einer Fabrik gearbeitet, aber nur um Geld zu verdienen und Plastik zu beobachten und zu erforschen. Nun, nach so langer Zeit, hatte er seine erste Dose bläulicher Substanz fertiggestellt. Sie wirkte wie Gold in Klinkerbeins Händen. So eine klitzekleine Dose könnte die ganze Welt verändern. Er verstaute sie sicher in einem Koffer und machte sich auf den Weg zu dem Wald, in dem sein Hund vor vielen, vielen Jahren fast gestorben wäre. Warum er sein Mittel nicht zu Hause ausprobiete? Nun ja, es war nicht sicher, dass seine Erfindung funktionierte, außerdem wollte Herr Klinkerbein nicht, dass sein ganzes Haus in die Luft flog. Dort angekommen und einige Schritte von seinem Auto entfernt, stellte Klinkerbein einen kleinen Plastikjogurt-Becher ab, den er mitgenommen hatte. Er öffnete die Dose und leerte die Substanz über den Becher. Herr Klinkerbein ging zur Sicherheit einige Meter auf Abstand. Gebannt schaute er auf den Becher. Bitte tu doch etwas, bitte tu doch etwas! Sonst wären zwei Jahre Fabrikarbeit umsonst gewesen, und er würde immer in der Angst leben müssen, dass sein Hund eines Tages an Plastik sterben würde. Doch es passierte nichts. Der Becher blieb ganz. Er hatte versagt. Traurig ging Herr Klinkerbein auf den Becher zu. Sein Leben und auch das seines Hundes waren zerstört. Doch plötzlich, als er den Becher gerade aufheben wollte, begann dieser zu dampfen. Klinkerbein machte einen Satz rückwärts. Langsam begann der Becher sich aufzulösen. Nach wenigen Sekunden war er weg. Es wirkte so, als wäre der Becher nie da gewesen. Herr Klinkerbein konnte es nicht fassen. Er hatte es geschafft.

Als herauskam, dass ein Mann aus Abgashausen ein Plastik-Zerstörungs-Mittel erfunden hatte, welches völlig umweltfreundlich war, strömten wichtige Menschen aus aller Welt in die Stadt. Klinkerbein wurde in kürzester Zeit berühmt und eröffnete die Firma „Klinkerbein“. Dank seiner genialen Erfindung, dem UWFPZ-Mittel, auch Umweltfreundliches-Plastik-Zerstörungs-Mittel genannt, kam er groß raus und wurde reich. Häufig spendete er einen Teil seines Vermögens an Arme.

 „Und viele Jahre nach seinem Tod wurde zu seiner Ehre die Stadt, in der ihr zur Schule geht, nach ihm benannt und dieses Denkmal von ihm und seinem Hund errichtet, vor dem wir gerade stehen.“ Und so beendete Herr Maulwurf, der Lehrer der 3b aus der Volksschule, die nun nicht mehr in Abgashausen, sondern Klinkerbeinhausen lag, seinen Vortrag über Herrn Klinkerbein, den größten Erfinder der Geschichte. „Und was lernt man aus der Lebensgeschichte von Herrn Klinkerbein?“, fragte er seine Schüler. Laura hob die Hand. „Dass man immer an seine Träume glauben sollte?“, sagte sie unsicher. „Ja“, antwortete Herr Maulwurf, „selbst, wenn es keine Hoffnung gibt.“

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Vize-Bgm. Helga Krismer, Dir. Birgitta Stieglitz-Hofer, Jakob Rumpler, Brigitte Hundegger, Bgm. Stefan Szirucsek, Gerfried Koch

Jakob Rumpler, BG/BRG Biondekgasse 2A