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Schiefergas: teuer und schadet der Umwelt

Zwei Reports von Friends of the Earth zeigen die Wahrheit hinter der Schiefergasindustrie.

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Gasbohrung mit "hydraulic fracturing" Von Moto202 - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,

Den Mythos vom billigen Gas widerlegen zwei aktuelle Studien. „Friends of the Earth Europe“-Reports zeigen ganz klar auf, dass Schiefergas nicht nur umweltschädlich, sondern auch teuer ist. Zur Analyse wurden vielfach Studien und Einschätzungen aus der Öl- und Gaswirtschaft selbst herangezogen. „Erstaunlich ist, dass diese selbst zeigen, dass viele Mythen über das angebliche Schiefergas-Eldorado USA verbreitet werden. Auch für Europa kann klar gezeigt werden, dass Schiefergas nicht nur umweltschädlich, sondern auch teuer ist. Der Nutzen für KonsumentInnen wäre nicht vorhanden. Deshalb versucht die Industrie derzeit an öffentliche Förderungen heranzukommen – hier muss die EU-Kommission einen klaren Riegel vorschieben, wenn sie heuer einen Vorschlag zum Umgang mit Schiefergas in der EU vorstellt“, sagt Johannes Wahlmüller, Klima- und Energieexperte bei GLOBAL 2000.

Mythos 1: Billige Energie durch Schiefergas in Europa
Das deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW machte eine Umfrage unter 200 Gas- und IndustrieexpertInnen, die voraussagen, dass sich Schiefergas in Europa erst bei einem Preis von 15 bis 20 US-Dollar rechnen wird. Dieser Preis liegt um 50 bis 100 Prozent über dem heutigen. Auch optimistischere Schätzungen kommen zu dem Schluss, dass Schiefergas nicht unter dem derzeitigen Gaspreis wirtschaftlich förderbar sein wird. Grund dafür ist die im Vergleich zu den USA schwierigere Ausgangssituation in Europa: Die Vorkommen liegen tiefer, die Bevölkerungsdichte ist höher, das Know-how muss erst aufwändig aufgebaut werden und oft fehlen die Wasserressourcen, die in großen Mengen benötigt werden. „Schiefergasgewinnung ist in Europa nicht nur umweltschädlich, sondern auch teuer. Wer niedrigere Gaspreise für KonsumentInnen und Industrie erreichen will, setzt damit auf das falsche Pferd. Stattdessen soll auf den Ausbau erneuerbarer Energie und Energieeffizienz gesetzt werden“, so Wahlmüller weiter.

Mythos 2: Dauerhaft billige Energie in den USA
Der zweite Mythos betrifft die angeblich dauerhaft vorhandenen Vorräte von billiger Energie in den USA, die sich bei genauerem Hinsehen nicht zu bestätigen scheinen: Zuletzt setzte die US-Energiebehörde die Schätzungen über vorhandene Schiefergas-Reserven um 42 Prozent nach unten. Schiefergas könne demnach die USA nicht mehr hundert Jahre, wie US-Präsident Obama verkündete, sondern nur noch 24 Jahre versorgen – und auch diese Angaben sind fraglich: Unternehmen geben ihre eigenen Reserven als tendenziell zu hoch an, um den Wert der Aktienkurse zu erhöhen. „Das angebliche Schiefergas-Eldorado USA löst sich immer mehr in Luft auf. Dabei wird der Boom auf Kosten hoher Preisrisiken erkauft. Niemand weiß, wie viel Gas morgen kosten wird. Wer heute nur wegen billiger Energie in den USA investiert, könnte große Überraschungen erleben“, betont Wahlmüller.
Es sind die CEOs der großen Öl- und Gasfirmen in den USA selbst, die diese Unsicherheit darstellen. So erklärten Rex W. Tillerson, CEO von Exxon, und Aubrey McClendon, CEO von Chesapeake Energy, offen, dass die gesamte Schiefergasindustrie in den roten Zahlen steckt. Schiefergas ist also nicht so billig, wie es scheint und Gas verkaufen müsste die Indsutrie derzeit nur, um ihre Lizenzen nicht zu verlieren. Diese Situation kann sich aber schnell ändern: 90 Prozent der US-Schiefergasproduktion kommt aus nur sechs Feldern und die Produktion von vier dieser Felder beginnt bereits zu sinken. „Die USA sind im Schiefergasfieber, aber das Erwachen in einer weithin zerstörten Umwelt wird kommen. Wir wünschen uns in Europa eine Energiepolitik, die von vornherein einen vernünftigen Weg einschlägt und auf nachhaltige Energiequellen setzt“, so Wahlmüller weiter.

Das kann durchaus auch eine Politik sein, die die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sogar noch verstärkt: Die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau untersuchte die Wettbewerbsfähigkeit von deutschen Unternehmen im Vergleich zu US-Unternehmen in den letzten zehn Jahren – also dem Zeitraum, in dem sich die Schiefergasindustrie stark entwickelte – und kam zum Schluss, dass es keine nennenswerten Wettbewerbsunterschiede durch Schiefergas in den USA gibt. Langfristig könne sich billige Energie in den USA sogar nachteilig auswirken, weil damit nur mangelhafte Anreize für Energieeffizienz gesetzt werden.

Es gibt nur einen Weg zu einer nachhaltigen Energieversorgung, und der führt über den Ausbau erneuerbarer Energie und Energieeffizienz.