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Population Boom

Kommentar von Werner Boote

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Werner Boote. Foto: Thiemfilm Werner Boote. Foto: Thiemfilm

Ich ging zu Beginn meines Filmprojekts selbst davon aus, dass die Welt überbevölkert ist – wie das wahrscheinlich die meisten von uns tun. Ich habe das vorher nie hinterfragt, und so hatte ich eigentlich beabsichtigt, Überbevölkerung als die große Herausforderung für die Menschheit im Film darzustellen. Aber dann kamen die Recherchen, und ich stellte fest, dass Überbevölkerung ein Begriff ist, der politisch sehr willkürlich verwendet wird. Und dass die wirklich essenzielle Herausforderung darin besteht, dass wir endlich dieses festgefahrene Weltbild der Überbevölkerung hinterfragen müssen. Denn erst dann sehen wir die großen, globalen Probleme – für die man gerne das Bevölkerungswachstum verantwortlich macht – aus einer ganz anderen Perspektive.

Danach stand für mich fest, dass der Film die viel verbreitete Lust an der apokalyptischen Vision eines übervölkerten Planeten nicht bedienen würde, und so wurde das Thema auch sehr viel facettenreicher.

„Population Boom“ benennt jene globalen Probleme, von denen ich meine, dass wir sie gemeinsam schleunigst anpacken sollten und auch in den Griff bekommen können. Das geht aber nur zusammen. Auch wenn mich da manche einen Optimisten nennen mögen! „Population Boom“ räumt mit dem Märchen von der Überbevölkerung auf und ist ein Aufruf dazu, aktiv zu werden. „Boom“ bedeutet ja auch Aufschwung.

Hunger, Armut, Umweltverschmutzung, Ressourcenknappheit und Menschenrechtsverletzungen werden oft als Folgen des Bevölkerungswachstums genannt. Fälschlicherweise! Noch immer denken manche, dass eine Milliarde Menschen deswegen hungern, weil es nicht genug Nahrung gibt. Doch weltweit werden genug Lebensmittel produziert, um die gesamte Menschheit ernähren zu können! Nebenbei: 1,5 Milliarden Menschen weltweit sind übergewichtig. Die Gründe für Hunger sind schlichtweg Armut und Ungerechtigkeit. Jährlich sterben an Hunger weltweit so viele Menschen, wie Österreich Einwohner hat! Aber viele Menschen sehen nach wie vor arrogant weg. Zu oft reden sich Konzerne, die sich der Ressourcenausbeutung und Umweltverschmutzung schuldig machen, darauf aus, dass es zu viele Menschen gibt, die unbedingt konsumieren „müssen“. Oder es heißt: „Mehr Menschen bedeuten Ressourcenknappheit.“ Aber der ökologische Fußabdruck nimmt in den Ländern am meisten zu, in denen die Bevölkerung am wenigsten wächst! Das Problem ist also nicht der Bevölkerungswachstum, sondern die Art, wie wir leben, und die Art der Entwicklung.

Info:
Werner Boote ist Dokumentarfilmer und lebt in Wien. Seine großen Kinodokumentationen: „Plastic Planet” und aktuell „Population Boom“

Filmtipp:
Population Boom.

Ein Film von Werner Boote. Derzeit in den Kinos.
Ein bekanntes Horrorszenario: 7 Milliarden Menschen auf der Erde. Schwindende Ressourcen, giftige Müllberge, Hunger und Klimawandel – eine Folge der Überbevölkerung? Wer behauptet eigentlich, dass die Welt übervölkert ist? Und wer von uns ist zu viel? Der Dokumentarfilmer Werner Boote bereist die Welt und untersucht ein jahrzehntelang festgefahrenes Weltbild. Für ihn stellt sich eine völlig andere Frage: Wer oder was treibt dieses Katastrophenszenario an?