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Mehr können Sie für Ihre Umwelt nicht tun

Grüne Werbebotschaften kommen immer raffinierter rüber. Kommentar von Christian Brandstätter

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Herfert

Sie erinnern sich vielleicht noch an die sympathische Stimme des netten Herren, der allabendlich als unser aller gutes Gewissen am Bildschirm erschienen ist. „Persil. Mehr können Sie für Ihre Umwelt nicht tun. Guten Abend.“ Was willst du mehr! Es ist nicht überliefert, ob der Begriff „Green-Washing“ auf diesen Werbespot zurückzuführen ist, Henkel hätte sich das Patent dafür durchaus verdient.

Mitte der 1990er Jahre holte sich VW sowohl Stimme als auch Slogan. Das hörte sich dann so an: „Sauberkeit ist ein Thema, das längst nicht mehr nur Waschmittel betriff t, sondern auch Automobile. Deshalb fährt ein VW mit TDI-Motor nicht nur sparsam, sondern auch lupenrein sauber. Mehr können Sie für Ihre Umwelt nicht tun. Guten Abend.“

Der Umweltschutz war uns ÖsterreicherInnen ab Mitte der 1980er Jahre besonders wichtig. Logisch, dass sich auch die Werbemacher auf das Thema setzten. Egal, was es gerade zu verkaufen gab, irgendein ökologischer Zusatznutzen wurde hervorgehoben. Verpackungen wurden umweltfreundlich – egal was drinnen war, Waschmaschinen sparten Wasser und ganze Bankinstitute entdeckten ein neues Lebensgefühl: „Meine Umwelt. Meine Bank. Raiffeisen.“

Dass Waschmittel und Autos keinen positiven Einfluss auf die Umwelt und die Natur haben, sagt uns schon der von Billa mittlerweile adoptierte „Hausverstand“. Ärgerlich nur, dass die Produkte, die der Umwelt den geringeren Schaden zufügten, auch über das geringere Marketingbudget verfügten.

CSI ÖKOSCHMÄH
Heute kommen die „grünen“ Werbebotschaften schon wesentlich raffinierter daher. Der Hausverstand hilft da oft nicht mehr. Um seriöse Botschaften von Greenwashing unterscheiden zu können, muss man bisweilen umfangreiche Ermittlungen bei den werbenden Unternehmen anstellen oder bei Umweltorganisationen nachfragen.

„100 % Wasserkraft bringt 100 % Lebensfreude.“ Man könnte meinen, grüner als beim Verbund geht’s nicht mehr. Trotzdem wird der größte österreichische Stromversorger seit Jahren vom Umweltdachverband mit der „Atom-Birne“ für den dreckigsten Strommix ausgezeichnet. Also was jetzt? „Der Verbund liefert an seine Industriekunden 30 % Atomstrom und 55 % Strom aus fossilen Energieträgern“, begründet Verbandspräsident Gerhard Heilingbrunner die „Auszeichnung“. Global 2000 wirft dem Verbund vor, hunderte Millionen Euro in den Bau ausländischer Kohlekraftwerke zu stecken.

„Wo nehmen die Kinder nur die Energie her?“, dazu die Präsentation von Wasserstoff tankstellen für die Mobilität von morgen. Toll! Fast wäre ich der OMV bei diesem Sujet auf den Leim gegangen. Im Kleingedruckten liest man dann, dass der Wasserstoff mit Erdgas hergestellt werden soll und das kommt nach den Plänen der OMV durch die Nabucco-Pipeline aus dem Kaukasus oder wird durch Fracking im Weinviertel aus dem Boden geholt. Da nehmen die Kinder also in Zukunft ihre Energie her.

Ein Schmäh, der immer zieht, ist der mit dem Recycling. Dass Aluminium ökologisch nicht ganz ok ist, hat sich bis zur Marketingabteilung von Nespresso durchgesprochen. „We recycle“ hat Gott auch gleich die Lösung für seinen irdischen Freund George Clooney. „Im Rahmen des eigenen Nachhaltigkeitsprogrammes ist es uns in nur drei Jahren gelungen, die Recyclingkapazität in Österreich von null auf 84 Prozent auszubauen“, ist Geschäftsführer Dietmar Keuschnig stolz. Von Null auf 84 – auf den ersten Blick klingt das sensationell. Wer nicht genau schaut, wird auch nicht merken, dass Recycling „Kapazität“ noch lange nichts mit tatsächlicher Wiederverwertung zu tun hat.

Einen heimatverundenen Ökoschmäh habe ich bei Recherchen zur Schladminger Ski-WM entdeckt, die ja als klimaneutraler „green event“ ausgerichtet werden sollte. Die Planai-Hochwurzenbahnen nennen sich im Internet „Die grüne Seilbahn“. Begründet wird das unter anderem damit, weil sich „… die landwirtschaftliche Herkunft vieler Mitarbeiter bzw. des Managements und der damit verbundene Naturbezug insgesamt sehr positiv auf die Einstellung des Unternehmens und der Mitarbeiter zum Umweltschutz auswirken.“

ÄRGER!
Ja, es ist immer wieder unterhaltsam und lustig, was uns da im Namen des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit aufgetischt wird. Ich kann darüber aber nicht mehr lachen, sondern bin wütend über diese Trittbrettfahrer am Nachhaltigkeitszug. Nicht deshalb, weil ich mich selbst verarscht fühle – da bin ich in vielen Themen zu sattelfest. Ich bin wütend, weil die Menschen generell skeptisch werden, auch gegenüber Unternehmen, die sich ernsthaft und glaubwürdig für Nachhaltigkeit einsetzen. Doch genau diese Unter- nehmen sollten im Sinne einer zukunftsfähigen Wirtschaft gestärkt und nicht im Strudel des Vertrauensverlustes mitgerissen werden.