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Neuer Klimabericht: Klimawandel trifft Österreich besonders hart

Zweiter Österreichischer Sachstandsbericht zum Klimawandel (AAR2) liefert auf rund 800 Seiten eine umfassende wissenschaftliche Analyse zum Klimawandel.

Eine Illustration einer Glühbirne mit einer Erdkugel darin.
Bild: Getty Images/Unsplash

Mehr als 200 Forscherinnen und Forscher aus über 50 Institutionen haben über drei Jahre am Zweiten Österreichischen Sachstandsbericht zum Klimawandel (AAR2) gearbeitet – nun liegt die bislang umfassendste interdisziplinäre Analyse der Klimawandelfolgen und Handlungsoptionen für Österreich vor.

Die Ergebnisse des zweiten Sachstandsberichts zum Klimawandel sind deutlich:

  • Die Temperatur in Österreich ist seit 1900 um rund 3,1 °C gestiegen – mehr als doppelt so stark wie im globalen Durchschnitt.
  • Extremwetterereignisse wie Hitze, Dürre, Starkregen und Muren nehmen zu – mit erheblichen Folgen für Gesundheit, Infrastruktur, Landwirtschaft und Tourismus.
  • Vorsorgender Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen sind dabei auf lange Sicht deutlich kostengünstiger als die Bewältigung der Schäden, die durch den Klimawandel verursacht werden.

Der Bericht beleuchtet Ursachen, Ausprägungen und Folgen des Klimawandels in Österreich und skizziert Pfade zur Erreichung der Klimaneutralität. Er macht deutlich, wie sinnvoll Investitionen in Klimaschutz und Anpassung sind - Co-Chair Harald Rieder betont: „Ein vorausschauender, systematisch geplanter Klimaschutz rechnet sich – ökologisch, wirtschaftlich und sozial. Die Klimakrise ist kein Zukunftsszenario, sondern in Österreich längst Realität. Extreme Wetterereignisse, Hitzebelastung und Folgeschäden verursachen schon heute enorme Kosten. Der Bericht zeigt: Wenn wir jetzt handeln, können wir Risiken begrenzen und wirtschaftliche Stabilität sichern. Klimaschutz ist damit eine Investition in Wohlstand, Sicherheit und Lebensqualität. Der nun vorliegende Bericht liefert eine solide wissenschaftliche Grundlage für entschlossenes gesellschaftliches Handeln.“

Fünf Menschen stehen in einer Gruppe und halten jeweils Ausgaben des neuen Klimasachstandsberichts vor sich.
Von links nach rechts: Keywan Riahi (IIASA), Margreth Keiler (Universität Innsbruck), Umwelt- und Klimaminister Norbert Totschnig, Harald Rieder (BOKU Wien) und Daniel Huppmann (IIASA). Foto: BMLUK Hemerka.

Österreich vom Klimawandel besonders betroffen

Österreich ist vom Klimawandel besonders betroffen: „In Österreich erlebten wir in den vergangenen 50 Jahren einen sehr starken Temperaturanstieg. Die Erwärmung war mit 0.5 °C pro Dekade deutlich stärker als von unseren Klimamodellen angenommen. Eine weitere Erwärmung innerhalb der nächsten Jahrzehnte lässt sich nicht mehr verhindern, selbst wenn wir unsere Klimaschutzziele einhalten. Dies ist aber unerlässlich, damit in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts eine Stabilisierung des Klimas möglich ist“, betont Herbert Formayer. Die Auswirkungen der Erwärmung sind vielfältig: „So ist die Hitzebelastung markant angestiegen und speziell in den Städten besonders belastend. Durch die verstärkte Verdunstung kommt es immer häufiger zu Trockenheitsproblemen, gleichzeitig steigt das Risiko für Starkniederschläge, da eine wärmere Atmosphäre mehr Wasserdampf aufnehmen kann. Formayer: „Starke Auswirkungen sieht man auch bei den Schneeverhältnissen. Seit Jahrzehnten nimmt die Schneebedeckung bis in mittlere Höhenlagen ab, was sich auf den Wintertourismus auswirkt“, so Formayer.

Risiken und Auswirkungen nehmen mit fortschreitender Erwärmung zu: 

  • Bei einer Erwärmung von 1,5 Grad gibt es 3,5-mal mehr Hitzetage und Dürreperioden sowie einen Anstieg von 12 % bei Starkregenfällen.
  • Bei 4 Grad Erwärmung im globalen Schnitt müsste man hier mit rund achtmal mehr Hitzetagen, fünfmal mehr Dürreperioden und einem 24 % Anstieg von Starkregenfällen rechnen.

„Die Folgen der Klimakrise gefährden unseren Wohlstand und verschärfen auch hierzulande soziale Ungleichheiten. Der Bericht zeigt vielfältige Handlungsoptionen auf und betont, dass realistische, sozial verträgliche und wirtschaftlich tragfähige Wege hin zur Klimaneutralität vorhanden sind. Es gibt eine Fülle von Handlungsoptionen, aber sie müssen jetzt rasch genutzt werden“, sagt Margreth Keiler von der Universität Innsbruck und der ÖAW, Co-Vorsitzende des Sachstandsberichts.

Klimaziele sind erreichbar – durch rasches Handeln

Österreichs Treibhausgasemissionen sind in den vergangenen Jahren gesunken. Co-Vorsitzender Keywan Riahi vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse IIASA betont, dass im internationalen Vergleich die Pro-Kopf-Emissionen weiterhin hoch sind: „Die derzeit umgesetzten Maßnahmen sind ein Schritt in die richtige Richtung, sie sind jedoch nicht ausreichend, um das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2040 zu erreichen. Wenn keine weiteren Maßnahmen gesetzt werden, beträgt die Reduktionslücke im Jahr 2030 bis zu 10 Megatonnen CO₂-Äquivalente, um die mit der EU vereinbarten Ziele zu erreichen.“

Österreich kann die Emissionsreduktionsziele durch zusätzliche Maßnahmen aber erreichen, sind sich die Autorinnen und Autoren des Berichts einig. Österreichs verbleibendes Kohlenstoff-Budget, das sich aus den Zielen des Pariser Klimaübereinkommens ergibt, ist weitgehend ausgeschöpft. „Durch seinen Beitrag zur Erfüllung der Klimaziele wird Österreich auch seiner internationalen Verpflichtung gerecht. Unser Bericht zeigt die Synergien zwischen Emissionsreduktion, Anpassung und nachhaltiger Entwicklung”, so Riahi.

Transformation als Chance

Alle Sektoren sind gefordert: „Zentrale Hebel sind der vollständige Ausstieg aus fossilen Energieträgern, die rasche Elektrifizierung von Industrie, Mobilität und Wärmeversorgung, und ein gesellschaftlich getragener Fokus auf einen bewussten Umgang mit Ressourcen. Diese Maßnahmen sind nicht nur für den Klimaschutz wichtig, sie senken auch Österreichs Abhängigkeit von Energieimporten und reduzieren damit die Vulnerabilität gegen globale Preisschocks von Öl und Gas“, erklärt Co-Vorsitzender Daniel Huppmann (IIASA).

Der Bericht zeigt Synergien in vielen gesellschaftlichen Bereichen auf. Etwa durch den Ausbau von öffentlichem Verkehr und Radinfrastruktur, die Sanierung von Gebäuden, Umstieg auf klimafreundliche Wärmeversorgung, Begrünung von Städten als Maßnahme gegen Hitzeinseln, den Schutz von Feuchtgebieten sowie eine aktive Anpassung in Tourismus und Landwirtschaft. Für alle Maßnahmenbündel ist eine rasche, tiefgreifende und sektorübergreifende Umsetzung entscheidend. Denn, je länger die Umsetzung aufgeschoben wird, umso kleiner wird der verbleibende Handlungsspielraum und umso wahrscheinlicher werden Grenzen der Anpassung erreicht.

„Der Klimasachstandsbericht zeigt klar: Wir müssen viele verschiedene Werkzeuge nutzen, um unser Klimaziele zu erreichen. Deshalb arbeiten wir derzeit mit Hochdruck an einem neuen Klimagesetz, das einen Rahmen für eine gemeinsame Zusammenarbeit setzt“, sagt Totschnig. GLOBAL 2000 betont in diesem Zusammenhang: "Die Bundesregierung kann sich Sparen beim Klimaschutz nicht länger leisten!" Und auch der WWF ruft die Politik zum Handeln auf.

Mehr Infos zum Bericht: aar2.ccca.ac.at

Der AAR2 ist ein Bericht des Austrian Panel on Climate Change (APCC) und wurde von den Co-Chairs Harald Rieder (BOKU University), Margreth Keiler (Universität Innsbruck und Österreichische Akademie der Wissenschaften), Daniel Huppmann und Keywan Riahi (beide International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA)) koordiniert. Der Bericht wurde aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen des 14. Austrian Climate Research Programme (ACRP) durchgeführt.