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Kein Strom aus Kohle

194 Mio. Euro gesellschaftliche Gesundheits-Folgekosten entstehen jährlich durch die Verbrennung von Kohle in Österreich. Ein Ausstieg aus der Kohleverstromung wäre in wenigen Jahren möglich.

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Foto: Thinkstock Thinkstock

Niedrige Preise für CO2 im EU-Emissionshandel, günstige Import-Preise: Kohle steht derzeit in Europa vor einer Renaissance. Heute präsentierten die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000, die Health and Environment Alliance (HEAL) und ÄrztInnen für eine gesunde Umwelt bei einer gemeinsamen Pressekonferenz
eine Studie über die gesundheitlichen Folgen der Kohleverbrennung in Österreich. Die Ergebnisse lassen aufhorchen.

Schwefeldioxid, NOx und Feinstaub verursachen Krankheiten wie Lungenkrebs
Als Folge der Schadstoff-Emissionen Schwefeldioxid, NOx und Feinstaub aus der Kohleverbrennung, die mit dem Auslösen von Lungenkrebs, chronischer Bronchitis und Herz-Kreislauferkrankungen in Zusammenhang gebracht werden, entstehen durch die Verbrennung von Kohle in Österreich jährlich 120 vorzeitige Todesfälle, 1.300 verlorene Lebensjahre, 3.900 zusätzliche Asthmaanfälle bei Kindern und 17.700 bei Erwachsenen, 110.000 bzw. 130.000 Tage mit Symptomen der unteren Atemwege wie Atemnot bei Kindern bzw. bei Erwachsenen - sowie 110.000 Tage mit „eingeschränkter Aktivität“ und 26.000 verlorene Arbeitstage. Die gesellschaftlichen Gesundheits-Folgekosten werden pro Jahr auf 194 Mio. Euro eingeschätzt.

Quecksilber – lt. WHO eine der zehn größten Bedrohungen für die menschliche Gesundheit
„Extrem feine Partikel wie PM2,5 können gängige Filteranlagen passieren. Diese Partikel sind besonders gefährlich und können Erkrankungen der Atemwege, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lungenkrebs auslösen“, warnt Dr. Hanns Moshammer, Vorstandsvorsitzender von ÄrztInnen für eine gesunde Umwelt. Die Kohleverbrennung ist in Europa aber auch hauptverantwortlich für anthropogene Emissionen von Quecksilber, das von der WHO als eine der zehn größten Bedrohungen für die menschliche Gesundheit eingestuft wird. Quecksilber wirkt toxisch auf das Nervensystem, führt dadurch zu Sprach-, Seh- und Hörstörungen und beeinträchtigt den Verdauungstrakt, die Lunge, Nieren, Haut und auch die Augen. „Ein Ausstieg aus der Kohleverstromung ist ein wichtiger Schritt für Europa - und Österreich könnte hier endlich wieder eine Vorreiterrolle einnehmen“, so Moshammer.

GLOBAL 2000 fordert Verbund auf, Ausstiegsplan für Mellach und Dürnrohr vorzulegen
In Österreich wird Kohle vorwiegend in der Stahlproduktion, sowie in den drei verbliebenen Kohlekraftwerken Riedersbach, Mellach und Dürnrohr eingesetzt. In Riedersbach ist ein Ende der Kohleverstromung mit 2016 geplant, für die letzteren beiden fehlt noch ein Ausstiegsplan – und noch dazu wirbt der Betreiber, Verbund, mit dem Werbeslogan „100 % Wasserkraft“. „Mit einem Ausstieg würden gefährliche Schadstoffemissionen wie Schwefeldioxid, NOx, Feinstaub und Quecksilber reduziert und damit eine relevante Verbesserung der Gesundheitssituation in Österreich erreicht werden“, so Mag. Johannes Wahlmüller, Energie- und Klimasprecher der österreichischen Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000. „Um die Schadstoff-Emissionen generell zu reduzieren braucht es aber auch eine koordinierte Gesamtstrategie, die den Verkehr, die Raumwärme und die Industrie miteinbezieht“, fordert Moshammer.

Europaweit entstehen 18.200 vorzeitige Todesfälle durch Verbrennung von Kohle
Die ÖsterreicherInnen sind aber auch von Emissionen ausländischer Kraftwerke betroffen. Durch die atmosphärische Verfrachtung werden Emissionen über hunderte Kilometer transportiert. So gelangen auch Emissionen aus Nachbarländern nach Österreich - und umgekehrt. Europaweit entstehen nach einer Studie der Health and Environment Alliance insgesamt etwa 18.200 vorzeitige Todesfälle durch die Verbrennung von Kohle. Der Ausstieg aus der Kohleverbrennung muss daher auch in der europäischen Politik ankommen. Julia Huscher, Energie- und
Gesundheitsexpertin bei HEAL: „Kohle ist ein europaweites Klima- und Gesundheitsproblem. In den aktuellen politischen Diskussionen, auch um das 2030-Klima- und Energie-Paket müssen daher die Gesundheitskosten von Kohle viel stärker thematisiert werden.“

Europaweiter Ausstieg bis 2040 möglich
„Europaweit ist ein kompletter Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2040 möglich, wobei Österreich die besten Voraussetzungen hat, gemeinsam mit Ländern wie Dänemark und Finnland voranzugehen“, so Huscher weiter.

Auch für Klima großes Problem: Kohle ist CO2-intensivste Form der Energiegewinnung
Die Verbrennung von Kohle ist nicht nur gesundheitsschädlich, sondern auch die CO2-intensivste Form der Energiegewinnung. „Deshalb“, so Wahlmüller, „müssen wir dringendst auch aus Klimaschutzgründen raus aus Kohle. Wir fordern den Verbund, den größten Kohle-Stromproduzenten in Österreich auf, rasch einen Ausstiegsplan aus der Kohleverstromung vorzulegen und damit seiner Werbelinie, die von 100% Wasserkraft spricht, etwas näher zu kommen“.

Ausstieg durch Energieeffizienzsteigerung und Ausbau von Erneuerbaren
Der Ausstieg aus der Kohleverstromung in Österreich könnte nach GLOBAL 2000 schon in wenigen Jahren erfolgen: „Ausstiegspläne auf Basis eines raschen Ausbaus erneuerbarer Energie und der Steigerung der Energieeffizienz können einen raschen Ausstieg aus der Kohleverstromung herbeiführen – und Österreich zum Vorreiter in Europa machen“, so Wahlmüller abschließend.