Ist Fleischessen noch zeitgerecht?
Diskussionsrunde zu Fleisch und Klima: Die Lösung liegt in einer standortgerechten Landwirtschaft, bei der nur gefüttert wird, was in der Region wächst.
Wenn es um Fleisch und Klima geht, stehen vor allem Kühe in der Kritik. Laut Medienberichten sollen diese klimaschädlicher sein als Autos. Auch die Schweinezucht wird bemängelt. Das Soja im Kraftfutter stammt überwiegend aus Übersee und führt dort zu gravierenden Änderungen in der Landnutzung. Vor allem die Abholzung des Regenwaldes stellt ein Problem dar. Doch welche Fakten stimmen wirklich und wie kann es die österreichische Fleischwirtschaft schaffen, klimafreundlicher zu werden? Der Verein Land schafft Leben bat Katharina Rogenhofer, Initiatorin des Klimavolksbegehrens und der österreichischen Fridays for Future Bewegung sowie Österreichs Fleischproduzenten und -händler zum Gespräch.
Die Kuh: wirklich ein Klimakiller?
Der natürliche Lebensraum der Kuh ist das Grünland, also ländlicher Raum, in dem überwiegend Gras wächst. Dieses Grünland ist nicht nur Teil unseres Lebensraums, sondern auch ein CO2-Speicher. Das bedeutet, dass CO2 aufgenommen wird und somit nicht in der Atmosphäre bleibt. Der „Lebensraum“ des Autos sind hingegen Straßen, versiegelte Böden also, die kein CO2 aufnehmen und auch keinen Nutzen für die Produktion von Lebensmitteln haben.
Ohne die Kuh wäre das Grünland für den Menschen nicht nutzbar. Da Menschen bekanntlich kein Gras essen, können wir es nur indirekt als Nahrungsquelle nutzen. Nutztierwissenschaftler Dr. Andreas Steinwidder zufolge können art- und standortgerecht gehaltene Tiere so einen Mehrwert für uns darstellen und sind in einen natürlichen Kohlenstoff-Kreislauf eingebunden. Das Problem seien vielmehr Kühe, die in Massen auf engem Raum und ohne Zugang zur Weide gehalten werden.
Ist Fleischkonsum noch zeitgerecht?
Weltweit nutzt der Mensch 71 Prozent der Ackerfläche für den Anbau von Tierfutter. Nur 18 Prozent für Lebensmittel und der Rest wird für Bioenergie und andere Stoffe verwendet. Vegan lebende Menschen argumentieren oft, dass diese Ackerfläche für die direkte Produktion von Nahrungsmitteln für Menschen verwendet werden könnte. Auch das von Rindern genutzte Grünland, das noch einen viel größeren Teil ausmacht, sollte für den direkten Anbau von Lebensmitteln verwendet werden. Richtig ist, dass ein Teil der Ackerfläche tatsächlich für den direkten Anbau verwendet werden kann. Der Boden des Grünlands eignet sich hingegen kaum für den Getreide- und Gemüseanbau und könnte seine Rolle als CO2-Speicher nicht mehr erfüllen. Zudem stellt Kuhmist guten natürlichen Dünger dar, der ohne die Haltung von Nutztieren nicht vorhanden wäre. Die Klimaaktivistin Katharina Rogenhofer stellt fest, dass sich mehr und mehr junge Menschen mit dem Thema Klima und Lebensmittel auseinandersetzen. Dabei werde nicht immer Fleischverzicht eingefordert. Vielmehr liege der Fokus auf Regionalität und Nachhaltigkeit.
Standortgerechte Landwirtschaft kann die Lösung sein
Standortgerecht wirtschaften bedeutet, idealerweise nur das zu produzieren, was an einem Standort möglich ist. Einfach gesagt: brauche ich Getreide als Futter für mein Schwein, muss genug davon in meiner Umgebung angebaut werden können. Österreich bietet grundsätzlich gute Voraussetzungen. Trotzdem besteht derzeit ein Teil des eiweißreichen Sojas Im Kraftfutter von Schweinen aus Süd- und Nordamerika. Statistisch gesehen liegt österreichisches Schweinefleisch in puncto Treibhausgasausstoß unter dem EU-Durchschnitt. Trotzdem sollte sich die Österreichische Landwirtschaft nicht auf diesen Zahlen ausruhen und die Schuld am Klimawandel anderen Sektoren zuschreiben. Davon ist Hannes Royer, Obmann des Vereins Land schafft Leben überzeugt: „Wenn wir etwas verändern möchten, müssen wir standortgerecht wirtschaften, weniger Ressourcen verschwenden und unsere Lebensmittel mehr wertschätzen.“
Katharina Rogenhofer bringt die Rolle der Politik in die Diskussion mit ein. Diese müsse eine Kostenwahrheit gewährleisten. Das am nachhaltigsten produzierte Lebensmittel sollte einfach zu erkennen und für alle Menschen leistbar sein.