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8 Punkte zur Bewältigung der Gaskrise

Das 8-Punkte-Programm des Umweltdachverbandes für eine unabhängige Energiezukunft Österreichs.

Man sieht ein Haus mit einem Wintergarten, einer thermischen und einer PV-Anlage. Im Vordergrund eine Sonnenblume
Foto: Christian Brandstaetter

Die aktuelle Gaskrise bietet die Chance, auch in Sachen naturverträgliche Energiewende endlich Nägel mit Köpfen zu machen. Wenn wir die massive Abhängigkeit von fossilen Energieträgern beenden und Klima und Biodiversität schützen wollen, gilt es jetzt Sofortmaßnahmen zu setzen. Unser 8-Punkte-Programm gibt den Weg in die unabhängige Energiezukunft Österreichs vor“, sagt Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.

1. Förder- und Ausbauprogramm für Biogas: Im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) sind für den Ausbau der vier Energieträger Wind, Wasser, Photovoltaik und Biomasse umfangreiche Ausbau- und Förderprogramme bis zum Jahr 2030 gesetzlich und fördertechnisch verankert. Der Umweltdachverband verlangt nun ein Sofortprogramm zur massiven Förderung von Biogas entsprechend den Bestimmungen des EAG. Erneuerbare Gase, wie etwa Biomethan aus Bio-, Klär- und Holzgas können es schaffen, den (reduzierten) nationalen Gasbedarf der Zukunft sogar zu einem Gutteil zu decken. Denn Österreich verfügt sowohl über das Potenzial als auch über die nötigen Technologien im Bereich der organischen Abfallbehandlung, Nutzung von Reststoffen aus Land- und Forstwirtschaft und der Gasaufbereitung, um 40 % des hohen aktuellen Gasverbrauchs allein mit inländisch produziertem Biomethan decken zu können. Ein Rechtsrahmen für Investitionen in den Ausbau einer inländischen Grüngasproduktion ist schnellstmöglich zu schaffen. Generell ist eine langfristige Fortführung der Förderprogramme für den Ausstieg aus fossilen Heizungen unabdingbar (Defossilisierung der Fernwärme, Forcierung erneuerbarer Heizsysteme, wie Erdwärmepumpen, Nahwärmeanlagen, Pellets- und Holzheizungen).

2. Entwicklungs- und Förderprogramm zur Nutzung der Geothermie: Die Geothermie kann insbesondere im Wärmebereich gemeinsam mit Biogas zu einer zentralen Antwort auf die Gaskrise werden Die erst diese Woche präsentierte Forschungs-Roadmap für einen verstärkten Einsatz der Geothermie in Österreich stellt dazu einen wertvollen Handlungsleitfaden dar, dem nun rasch Umsetzungsschritte folgen müssen. Leuchtturmprojekte, die noch heuer starten, sowie die Wärmestrategie, die im Sommer vorgestellt werden soll, müssen die Umsetzung schnellstmöglich in Gang bringen.

3. Priorisierung der Photovoltaik: Auf unzähligen Dächern und verbauten Flächen (Parkplätze, Gebäude von Industrie und Gewerbe, Lagerhallen etc.), aber auch Deponien, an Lärmschutzwänden und generell an Abstandsflächen von Autobahnen, Schnellstraßen und Eisenbahnen ist Platz für Photovoltaik (PV)-Paneele. PV weist die höchste Akzeptanz der Erneuerbaren auf, ist die naturverträglichste Form der erneuerbaren Energiegewinnung, weil Natur und Landschaft nicht in Anspruch genommen werden müssen, und ist dezentral in ganz Österreich sofort umsetzbar. Und: Es braucht keine langen Verfahren dafür. Eine sofortige Aufstockung der Förderung von Auf-Dach-Anlagen im Rahmen des EAG sowie zusätzliche Förderprogramme, um das Dachpotenzial zu steigern, wie etwa die Förderung von Statik-Gutachten bei älteren Gebäuden, kann einen Turbo für die PV bringen. In den Bauordnungen der Länder ist PV verpflichtend für Neubau und Sanierungen vorzuschreiben.

4. Sensibilisierungsprogramm für Energiesparen und Verbrauchsreduktion: Es gibt viele Möglichkeiten, wie wir alle den Energieverbrauch ohne Komfortverlust verringern können. Ein Grad Absenkung der Heiztemperatur bringt 6 % Einsparung beim Gasverbrauch. Tempolimits auf Autobahnen und Schnellstraßen reduzieren den Spritverbrauch überproportional. Autofreie Tage sind eine weitere Möglichkeit. Mit einer breiten Informations-, Bildungs- und Sensibilisierungsinitiative soll zu entsprechenden Verhaltensänderungen motiviert werden.

5. Sofortige Beschlussfassung und Umsetzung eines wirksamen Energieeffizienzgesetzes: 40 bis 80 % Energieeinsparungen sind möglich – und zwar ohne Verlust des gesellschaftlichen Wohlergehens (aktuelle Studie von Felix Creutzig u.a., MCC-Institut, Berlin). Bereits seit 1.1.2021 ist eine neues Energieeffizienzgesetz fällig – der beste Zeitpunkt für eine Beschlussfassung ist jetzt.

6. Abbau der Warteschlange genehmigter Windkraftanlagen: Da die Durchführungsbestimmungen des EAG weiter auf sich warten lassen, schlägt der Umweltdachverband eine vorerst bis Ende 2023 befristete Wiederinkraftsetzung des ausgelaufenen Ökostromgesetzes oder eine andere entsprechende Übergangsregelung vor, um die genehmigten Windkraftprojekte sofort umsetzen zu können.

7. Klimafitten Waldumbau für Biomasse-Offensive nutzen: Die Erderhitzung zwingt zum radikalen Kurswechsel in der Forstwirtschaft. Fichtenwälder außerhalb des Berggebietes müssen – soll ein ungeplantes Zusammenbrechen durch Stürme und Borkenkäferkalamitäten verhindert werden –, früher oder später durch klimafitte naturnahe Wälder ersetzt werden. Das laufende Waldprogramm ist auf diesen Fokus auszurichten. Im Wärmebereich könnte der Biomasse-Sektor damit einen bedeutend höheren Anteil zur heimischen Versorgungssicherheit liefern als heute.

8. Steigerung der Sanierungsquote jetzt: Die thermische Sanierung des Gebäudebestandes ist einer der größten Hebel für die Energiewende. Im Regierungsprogramm ist dementsprechend eine Steigerung der Sanierungsquote von einem auf drei Prozent festgelegt. Alle Maßnahmen zur raschen Erhöhung der Sanierungsquote im Gebäudebestand – von Förderanreizen bis zu Qualifizierungsprogrammen – sind jetzt zu setzen.