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UN-Klimakonferenz: ein historischer Schritt

Im Rahmen der UN-Klimakonferenz in Paris haben sich die 196 teilnehmenden Staaten  auf ein international gültiges Klimaabkommen geeinigt. Das Abkommen ist ein historischer Schritt, greift aber noch nicht weit genug, um den Klimawandel einzudämmen.

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Foto: Christophe Libert Christophe Libert

Die gute Nachricht: Die Staaten haben sich darauf geeinigt, die globale Erderwärmung auf weit unter zwei Grad zu begrenzen. Das ist eine herausragende Leistung! Allerdings soll das Pariser Abkommen erst 2020 in Kraft treten. Und erst im Laufe der zweiten Jahrhunderthälfte will man den Ausstoß an Emissionen auf Null senken.

„Trotz der zeitlichen Verzögerung bedeutetet dieses Ziel ein absehbares Ende von Kohle, Öl und Gas", sagt Adam Pawloff, Klima- und Energiesprecher von Greenpeace. "Jetzt wird sich jeder Investor drei Mal überlegen, ob er weiterhin Geld in Kohlekraftwerke oder Ölprojekte stecken möchte." Jedoch: um den Treibhausgasausstoß in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts auf Null zu senken, müsste er wesentlich früher gestoppt werden. Die derzeitigen Zugeständnisse der Vertragsstaaten können dieses Ziel nur zur Hälfte erreichen. Positiv sei jedoch, dass der universelle Zugang zu erneuerbarer Energie aus Wind-, Wasser- und Solarkraft im Text erwähnt ist.

WWF-Energiereferent Karl Schellmann: "Das Abkommen nimmt erstmals alle Staaten in die Klimaschutz-Pflicht und sendet auch ein klares Zeichen, dass Waldschutz unerlässlich ist, um die globale Temperaturerwärmung unter der kritischen 1,5 Grad-Schwelle zu halten." Nun sind alle Länder aufgefordert, sofortige Maßnahmen zur Reduktion ihrer Treibhausgase und zum Waldschutz sowie zum nachhaltigen Landmanagement einzuleiten. Denn der Landsektor ist die zweitgrößte Emissionsquelle nach dem Energiesektor.

GLOBAL 2000-Klimasprecher Johannes Wahlmüller: „Das Ziel des Klimaabkommens kann nur erreicht werden, wenn alle Staaten jetzt weltweit den Umstieg auf erneuerbare Energie vorantreiben."

Was tut Österreich?

Bundeskanzler Werner Faymann hat in Paris eine klare Zielsetzung für Österreich verkündet: "Bis 2030 soll der Strom in Österreich zu 100 % durch erneuerbare Energien erzeugt werden." Dieses Ziel kann in Österreich mit ein wenig Anstrengung leicht erreicht werden, sind die Branchenvertreter des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich überzeugt. Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft: „Für die Stromproduktion ist es von entscheidender Bedeutung, dass rasch ein neues Ökostromgesetz mit langfristiger Ausrichtung bis 2030 und eine Neugestaltung des Strommarktes mit klarer Priorität für die erneuerbaren Energien geschaffen wird.“
 

Kritik an fehlender Verbindlichkeit und falschen Lösungen
Für die österreichische Bewegung „System Change, not Climate Change!“ ist das Abkommen kein Grund zum Feiern, weil er keinerlei verpflichtende  Sanktionen zur Emissionsreduktion und keine konkreten Maßnahmen enthält. 2020 sei der CO2-Austoß, welcher zu 1,5°C-Grad Erwärmung führen wird, bereits in etwa erreicht. Die nationalen Beiträge sollen zudem erst ab 2023 alle fünf Jahre überprüft und unverbindlich nachgebessert werden. Ein Datum für das Erreichen der globalen Spitzenemissionen wird nicht genannt.

Das Ziel, „in der zweiten Jahrhunderthälfte“ ein Gleichgewicht zwischen Emissionsausstoß und -bindung zu erreichen sei völlig unkonkret und bedeute keineswegs das Aus für fossile Brennstoffe. So kann weiterhin am einen Ende der Welt Öl verbrannt werden, wenn am anderen Ende CO2 gespeichert wird – in Wäldern, Böden, gentechnisch manipulierten Pflanzen oder über mittels riskanter Technologien.  Das Abkommen öffnet für jene Länder, die am meisten emittieren, die Möglichkeit sich über Marktmechanismen aus ihrer Verantwortung freizukaufen.

"Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, müssten zwischen 80 und 90 Prozent der fossilen Energieträger im Boden bleiben,“ erklärt Ulrich Brand, Professor für internationale Politik und Experte für internationale Klimapolitik an der Universität Wien. „Enorme Profitinteressen und Machtstrukturen stützen ein Produktions- und Konsummodell, das auch die Logik der internationalen Klimapolitik bestimmt. Um diese erfolgreich zu ändern, müssten sich die Regeln der Weltwirtschaft nach den Klimazielen richten - und nicht umgekehrt. Doch Themen wie Handel, Landwirtschaft oder Verkehr werden im Abkommen völlig ignoriert“.

Während die Klimarahmenkonvention von Cancún 2010 noch menschenrechtliche Verpflichtungen beinhaltete, wurden in Paris die letzten diesbezüglichen Referenzen in die unverbindliche Präambel verfrachtet. Künftige “Klimaschutzmaßnahmen“ werden somit weiterhin die Rechte indigener Gemeinschaften verletzen – darunter etwa Waldschutzprojekte, mit denen sich große CO2-Emittenten in Industrieländern freikaufen. „Die großen Verlierer des Abkommens sind damit jene Menschen im globalen Süden, die bereits jetzt von den Folgen des Klimawandels am stärksten betroffen sind“, kritisiert Brigitte Reisenberger von FIAN.

Das Abkommen sieht vorerst ab 2020 vor, pro Jahr 100 Milliarden Dollar für “Entwicklungsländer” zu „mobilisieren“, um  Anpassungsmaßnahmen zu finanzieren. Im Vergleich: Laut Internationaler Energiebehörde IEA betragen die Subventionen für fossile Brennstoffe pro Jahr fünfmal mehr.


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