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75 Prozent weniger Insekten seit 1990

Monokulturen, Pestizide, Boden­versiegelung – all das macht Insekten massiv zu schaffen. Umweltschützer fordern einen System­wandel hin zu einer klein­teiligen, ökologischen Landwirtschaft.

Libelle sitzt auf Ast.
Die stark gefährdete Zweigestreifte Quelljungfer. Foto: Josef Limberger

Seit 1990 ging der Insektenbestand um 75% zurück, 30% der Arten sind weltweit bedroht. Dabei sind 75% unserer wichtigsten Kulturpflanzenarten von der Bestäubung durch Insekten abhängig. Auch in Österreich sind viele Insektengruppen stark gefährdet, wie etwa die Hälfte aller Schmetterlings- oder Heuschreckenarten. Dieses düstere Bild eigt der Insektenatlas, den GLOBAL 2000, die Heinrich-Böll-Stiftung und der Naturschutzbund Österreich vorgelegt haben.

Insekten haben eine wichtige rolle als Bestäuber

Insekten halten die Ökosysteme unseres Planeten am Laufen und sind für die Landwirtschaft von entscheidender Bedeutung. So drohen beim Wegfall tierischer Bestäubung einzelnen Obst- und Gemüsesorten, wie Äpfeln, Kirschen, Zwetschgen oder Gurken, Ernterückgänge von bis zu 90 Prozent. Außerdem verbessern Insekten durch das Zersetzen von abgestorbenen Pflanzenteilen sowie anderem organischen Material die Bodenqualität und Nützlinge reduzieren Pflanzenschädlinge. Dem Insektenatlas zufolge können Marienkäfer den Befall mit Getreideblattläusen um 80 Prozent reduzieren.

Unbestritten sind Insekten eine wichtige Grundlage der Landwirtschaft und unserer Lebensmittelproduktion und gleichzeitig ist die intensive Landwirtschaft aber der wesentliche Treiber des Insektensterbens, denn es fehlt flächendeckend an Lebensräumen. Felder mit Monokulturen, fünfmal pro Jahr gemähte Wiesen und ausgeräumte Landschaften ohne ausreichend Rückzugsorte wie Hecken oder ungenutzte Brachen sowie der intensive Einsatz von Pestiziden und Kunstdünger schaffen lebensfeindliche Bedingungen. Dabei zählen auch die heimischen Bauern zu den Verlierern dieser Entwicklung, denn durch das Verschwinden von wichtigen Nützlingen steigt das Risiko, dass sich Schädlinge massenhaft vermehren, die Bodenfruchtbarkeit abnimmt und die Erträge sinken. Das führt dazu, dass die Landwirte noch mehr Pestizide und Dünger einsetzen und der Teufelskreis sich weiterdreht.

Artenreiches Österreich

Aktuell ist Österreich mit etwa 40.000 Insektenarten noch ein relativ artenreiches Land. Mit rund 700 Wildbienen- und über 4.000 Schmetterlingsarten übertreffen wir sogar deutlich größere Länder wie Deutschland. Doch wie steht es aktuell um die Insekten in Österreich und weltweit? Welche Auswirkungen hat Landwirtschaft auf die Insektenvielfalt und was bedeutet das Verschwinden der Insekten wiederum für die Landwirtschaft? Welche Rolle spielt die Politik dabei? Eignen sich Insekten als Tierfutter oder Nahrungsmittel und wie ergeht es den Insekten in einer Großstadt wie Wien? Antworten auf diese und viele weitere Fragen gibt der neue Insektenatlas 2020 (Download auf www.naturschutzbund.at ).

Die Landwirtschaft ist eng mit gesellschaftlich relevanten Themen wie Klimakrise, Biodiversität, sauberem Wasser und gesunden Böden verbunden. Es sei notwendig, dass LandwirtInnen in Zukunft für ihren Beitrag honoriert werden, anstatt den Großteil der EU-Förderungen weiter in die Intensivierung der Landwirtschaft zu stecken, fordern GLOBAL 2000 und der Naturschutzbund. Sie haben gemeinsam mit über weiteren Hundert europäischen Partnerorganisationen die europäische Bürgerinitiative „Bienen & Bauern retten“ gestartet und fordern von der EU-Kommission, LandwirtInnen einen Systemwandel zu ermöglichen, den Ausstieg aus synthetischen Pestiziden sowie die Förderung der Artenvielfalt.

Jetzt wird der Rahmen für die EU-Agrarpolitik der nächsten Jahre gesteckt. "Hier muss es Ziel sein, Landwirte bestmöglich bei aktiven Maßnahmen für mehr Biodiversität und Strukturvielfalt in der Agrarlandschaft zu unterstützen. Aber auch jede und jeder Einzelne kann etwas tun, das zeigen wir mit unserer Initiative 'Natur verbindet' , sagt Birgit Mair-Markart vom Naturschutzbund Österreich.