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Hungerlöhne in H&M-Fabriken

Keine Besserung in Sicht: Die Clean Clothes Kampagne deckt auf, dass ArbeiterInnen in Zulieferfabriken des Modekonzerns H&M nach wie vor unter der Armutsgrenze leben – und das, obwohl H&M ihnen für 2018 existenzsichernde Löhne versprochen hatte.

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Näherin in Kambodscha. Foto: Anna McMuller Näherin an der Maschine in Kambodscha.

In den meisten Produktionsländern von Bekleidung sind die Mindestlöhne so niedrig angesetzt, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter in einem Leben in Armut gefangen bleiben und sie auch ihren Kindern keine bessere Zukunft bieten können. 2013 kündigte der schwedische Modekonzern an, dass 850.000 ArbeiterInnen in ihren Zulieferfabriken bis 2018 ein existenzsichernder Lohn bezahlt werde.

 
In der aktuellen Studie „H&M: Vom Versprechen existenzsichernder Löhne und der Realität der Armutslöhne“ wurden 62 ArbeiterInnen aus sechs H&M-„Vorzeige“-Produktionsstätten (sogenannte „Gold“- und „Premium” -Zulieferbetriebe) in Bulgarien, Türkei, Indien und Kambodscha interviewt. Die ArbeiterInnen eines bulgarischen H&M-Produktionsbetriebes erhalten in ihrer regulären Arbeitszeit weniger als zehn Prozent eines existenzsichernden Lohns. ArbeiterInnen in Indien und der Türkei verdienen ein Drittel eines Lohns, der als existenzsichernd gilt; in Kambodscha ist es weniger als die Hälfte.
 
Ein Existenzlohn ist ein Menschenrecht und sollte ausreichen die Grundbedürfnisse von einer Arbeiterin und ihrer Familie zu decken. Neben einer angemessenen Ernährung zählen dazu Unterkunft, Transport, Kleidung, Bildung, medizinische Versorgung sowie ein geringes frei verfügbares Einkommen für unerwartete Notfälle. „In einer werbewirksamen Aktion hat  2013 H&M den Arbeiterinnen und Arbeitern, aber auch den Konsumentinnen und Konsumenten ein Versprechen gegeben. Mehr noch, vor ein paar Tagen veröffentlichte H&M einen selbst lobenden Bericht über erzielte Fortschritte, der wohl über das gegebene Versprechen hinwegtäuschen soll. Unsere Recherchen zeigen aber, dass die Realität für Arbeiterinnen anders aussicht“, sagt Gertrude Klaffenböck von der Clean Clothes Kampagne, einer weltweiten Koalition für faire Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie.

"Manchmal arbeiten wir bis 4 Uhr morgens"

In drei der sechs untersuchten Fabriken überschreiten die Überstunden oft das gesetzlich zulässige Höchstmaß. Sonntagsarbeit ist in allen untersuchten Betrieben gängige Praxis. „Wir betreten die Fabrik um 8 Uhr früh, aber wir wissen nie, wann wir gehen dürfen. Manchmal wird es 4 Uhr morgens“, berichtet eine bulgarische Näherin der Fabrik Koush Moda. Dort liegt der Lohn für die reguläre Arbeitszeit sowohl unter dem gesetzlichen Mindestlohn als auch unter der Armutsgrenze.
 
„Statt leerer Marketing-Versprechen fordern wir von H&M Existenzlöhne zu zahlen. Anders als in den jüngsten Statements des Markenunternehmens zeigen unsere Untersuchungen, dass die bisher bezahlten Löhne sehr sehr weit vom existenzsichernden Niveau entfernt sind. Wir appellieren an Konsumentinnen und Konsumenten, sich nicht täuschen zu lassen. Ein Zehntel des Lohnes den es zu einem angemessenen Lebensunterhalt brauchen würde, wie beispielsweise in Bulgarien, sind schlichtweg ein Skandal angesichts der realen Gewinne, die mit der Leistung der Arbeiterinnen verdient werden“, sagt Klaffenböck.
 
„H&M ist aufgerufen, Wort zu halten. Der Gewinn des Unternehmens ist mehr als genug, um den Skandal mit den Hungerlöhnen in den Fabriken sofort zu beenden“, sagt Klaffenböck. Über 100.000 KonsumentInnen haben sich bereits der Forderung nach einer existenzsichernden Bezahlung von ArbeiterInnen angeschlossen.

Infos:

Kurzfassung der Studie „H&M: Existenzsichernde Löhne versprochen, Hungerlöhne sind die Realität“
Petition „H&M keep your promises“