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Hautpflege: Weniger ist mehr

Dr. Ulrich Geppert, Facharzt für Dermatologie in Krems an der Donau, erzählt im Interview, warum für unsere Haut weniger Pflege meist mehr ist und worauf man besonders achten sollte.

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Foto: Geppert Foto: Geppert

Reinigungsmilch, Tonic, Tag- und Nachtcremes, das sind nur einige der Komponenten, die in Hautpflegeserien angeboten werden. Ist das wirklich alles nötig?
Grundsätzlich bin ich kein Freund von Pflegeserien. Jede Haut ist anders strukturiert, das Hautbild ist unterschiedlich. In den wenigsten Fällen braucht man alle Komponenten. In meiner Ordination sehe ich viele Patienten, die ihre Haut überpflegen. Eine Nachtcreme ist vor allem im mittleren Alter, wenn noch mehr Talg produziert wird, kontraproduktiv. Die Haut bekommt davon noch mehr Unreinheiten. Trockene Haut hingegen kann im Einzelfall von einer Nachtcreme profitieren. Bei sehr fetter Haut machen entfettende Substanzen Sinn, um das Hautbild zu verbessern. Ansonsten besteht eher die Gefahr, mit ganzen Serien die Haut zu überlasten.

Soll man also zur einfachen Allzweckcreme greifen?
Davon halte ich auch nicht viel, weil es die eine Allzweckcreme nicht gibt. Jede Creme ist anders, ebenso wie jede Haut. Für einen kann es passen, für andere wieder nicht.

Womit reinigen?
Die Reinigung wird vollkommen überbewertet, weil die Haut im Normalfall nicht schmutzig ist. Das, was auf einem weißen Wattepad nach dem Drüberstreichen zu sehen ist, sind ganz normale abgestorbene Hautzellen. Ich empfehle daher, nur mit Wasser zu reinigen. Ob eine Reinigungscreme nötig ist, muss man im Einzelfall überlegen. Wer fette Haut hat, profitiert von Gesichtswasser, für andere ist das zu scharf.

Wie kann man vorzeitiger Hautalterung vorbeugen?
Die wirkungsvollste Antiaging-Maßnahme ist, konsequent Sonnenschutz zu verwenden.

Welcher Bestandteil einer Kosmetik schadet mehr, als er nützt?
Ich halte Duftstoffe für völlig entbehrlich, weil sie nicht selten Allergien auslösen.

Gibt es Inhaltsstoffe, die zur Gewöhnung führen?
Nein, ich kenne keinen Inhaltsstoff, der zur Gewöhnung führen könnte. Das Problem liegt eher in der Überversorgung. Wenn man quellende Cremes verwendet, schwächen diese die Hautschicht und Wasser geht verloren. Das ist dann keine Gewöhnung sondern eine Schädigung.

Q10 steht unter Verdacht, es trockne die Haut aus, sobald es ihr nicht mehr zugeführt wird. Stimmt das?
Diese Behauptung kann ich nicht nachvollziehen. Bei Q10 handelt es sich um eine Substanz, von der ich mir nicht vorstellen kann, dass sie schadet.

Kann eine Creme Pigmentflecken aufhellen?
Es gibt Cremen, die durchaus dazu imstande sind. Diese finden sich jedoch kaum im Bereich der normalen Kosmetik. Es müsste eine medizinische Mischung sein, die freilich auch Nebenwirkungen haben kann. Ätherische Öle in Kosmetikprodukten hingegen können Pigmentflecken noch verstärken und darüber hinaus Allergien auslösen.

Eignet sich Babypflege für Erwachsene?
Bei Pflegeprodukte für Babys bin ich sehr restriktiv. Wird sie von Erwachsenen verwendet, kann sie jedoch nicht schaden, aber vielleicht auch nicht die gewünschte Wirkung erzielen.

Darf Kosmetik in die Haut eindringen?
Man muss zwischen „eindringen“ und „durchdringen“ unterscheiden. Das Eindringen in die oberen Hautschichten ist bei vielen Cremes erwünscht, vor allem bei Sonnenschutz, damit er seine schützende Funktion entfalten kann. Das Durchdringen in die darunterliegende Lederhaut, von wo die Stoffe ins Blut gehen könnten, ist nicht gewünscht. Man weiß allerdings noch nicht, welche Probleme das verursachen kann. Grund zur Panik besteht jedoch nicht. Die meisten Kosmetikprodukte dringen in die Haut ein, aber durchdringen sie nicht.

Das Interview führte: Annemarie Herzog

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