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Gewalttätig als Mann - was kann ich tun?

"Ich will meine Frau nicht schlagen und mache es trotzdem", hört Erwin Hayden-­Hohmann von der Männerbe­ratung der Caritas oft. Er zeigt Männern andere Verhaltensweisen.

Eine Person hat die Hand ausgestreckt, die Handfläche zeigt zur Kamera.
Foto: Nadine Shaabana, Unsplash

Erwin Hayden-Hohmann,  Koordinator der Männerberatung der Caritas St. Pölten berät Männer, die gewalttätig wurden. Wir haben ihn befragt was Männer tun können.

LEBENSART: Kommen Männer freiwillig zu Ihnen?

HAYDEN: Viele kommen leider erst zu uns, weil das Gericht sie verurteilt hat. Freiwillig würden nur sehr wenige Männer kommen, um sich helfen zu lassen. Die meisten kommen nach behördlicher Weisung oder nach einem Betretungsverbot.

Welche Männer kommen freiwillig, von sich aus?

Die meisten Männer sind Österreicher, es sind aber auch Migranten dabei. Die meisten der Freiwilligen sind zum ersten Mal gewalttätig gegen ihre Frauen geworden, waren dann tief bestürzt und haben sich geschworen, dass sie das nie wieder tun.

Was sind die Gründe?

Prügelnde Männer wirken erst mal stark und überlegen. Aber tatsächlich fühlen sie sich in bestimmten Situationen völlig hilflos. Sie können zum Beispiel nicht aushalten, dass ihre Partnerin eine andere Meinung vertritt. Sie haben kein Konzept dafür, das so stehen zu lassen oder nachzugeben und fühlen sich überfordert. Das kommt für sie einer Niederlage gleich.

Es gibt aber auch andere Tätertypen, denen es wichtig ist, die Beziehung zu kontrollieren. Die durch negative Bindungserfahrungen nicht daran glauben, dass es sichere Beziehungen gibt. Sie tun alles, um Liebe zu erhalten und zu kontrollieren.

Viele sind selbst erschrocken über ihr Verhalten, andere fühlen sich völlig im Recht. Der vermeintliche  Ausweg ist Gewalt.

Können die Männer ihr Verhalten nach so einer Beratung kontrollieren?

Die meisten sagen: Wenn sie das alles früher gewusst hätten, wären sie nicht gewalttätig geworden. Wir wissen aber nicht, ob sie wieder zuschlagen oder nicht. Das können wir nicht evaluieren.

Wir arbeiten daran, dass die Männer ihre körperliche Selbstwahrnehmung verbessern. Sie bekommen das Handwerkszeug, um Alarmsignale früher erkennen zu können und die Situation entweder zu entschärfen oder sich daraus zu entfernen.

Gibt es hoffnungslose Fälle?

Ja. Einige Männer, teilweise aus anderen Kulturkreisen, aber auch Österreicher. Sie sind davon überzeugt, dass sie als Mann das Sagen haben. Wenn die Frau widerspricht, stellen sie diese Ordnung wieder her - und dabei halten sie Gewalt für ein zulässiges Mittel. Diese Männer glauben oft sogar, sie müssten Gewalt anwenden. Es sei ihre Verantwortung, um ein guter Ehemann und Vater zu sein. Mit denen ist es sehr schwer.

Was machen Sie in solchen Fällen?

Die meisten dieser Männer haben selbst Gewalt erfahren, oft als Kinder. Manchmal gelingt es in Einzelgesprächen, darauf einzugehen, was sie erlebt und wie sie sich dabei gefühlt haben.

Ist die Veränderung nachhaltig? Was glauben Sie?

Wir machen die Erfahrung, dass eigentlich in jedem Anti-Gewalt-Programm die Männer mehr über sich lernen und Fortschritte machen. Die Männerberatung arbeitet auch mit dem Gewaltschutzzentrum zusammen. Bei den Männern, die begleitet werden sind bisher keine Fälle bekannt, wo neuerlich Gewalt aufgetreten wäre. Aber das ist keine valide Aussage. Da fehlt es an Begleitforschung. Wir glauben, dass wir sehr gute Ergebnisse erzielen können. Aber, ob die Veränderung nachhaltig ist, lässt sich schwer sagen.

Das Interview führte Asya Khalef.

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Erwin Hayden-Hohmann Foto: Karl Lahmer

Erwin Hayden-Hohmann hat 2018 die Koordination der Männerberatung der Caritas St. Pölten übernommen. In elf Beratungsstellen in der Diözese bietet die Männerberatung ihren Dienst an, in allen Bezirkshauptstädten und in den Statutarstädten St. Pölten, Krems und Waidhofen an der Ybbs.

„Männer beraten, begleiten und unterstützen Männer in schwierigen Lebenssituationen – so ist kurz gefasst unsere Aufgabe“, sagt Erwin Hayden-Hohmann, der von seinen früheren Tätigkeiten als Sozialarbeiter beim Verein Wohnen und als Bewährungshelfer viel Erfahrung in diesem Arbeitsfeld mitbringt.

Die Themen der Männerberatung sind vielfältig, so können Lebenskrisen, Partnerschaft, Trennung, Vatersein, Arbeit, Sexualität, Überforderung, psychische Probleme und vieles mehr besprochen werden.

Darüber hinaus bietet die Männerberatung spezifische Angebote an: 

Das Anti-Gewalt-Programm: Das Anti-Gewalt-Programm unterstützt Männer, keine Gewalt mehr auszuüben und gewaltfreie Alternativen zu erlernen. Das Programm umfasst 20 Einheiten.

Burschenberatung: Ein Angebot für junge Männer ab 14 Jahren, die bei Problemen und Lebensfragen Unterstützung möchten.

Männerrunde online: Ein weiteres Angebot für Männer jeden Alters, das ermöglicht zu Wort zu kommen und sich gegenseitig zu unterstützen, das unkompliziert - von zu Hause oder einem ruhigen Ort aus - anonym in Anspruch genommen werden kann ist die Online Männerrunde.
Zum Angebot eine SMS an 0676 83 844 7376 oder eine E-Mail an maennerberatung@caritas-stpoelten.at schicken.

Die Männerberatungsstelle ist ein Teil des Caritas Beratungsdienstes "Rat und Hilfe".