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„Elektro-Autos – einmal fahren und es war um mich geschehen“

Ich erreiche Doris auf dem Heimweg von einem Meeting. Unterwegs ist sie – fast standesgemäß – mit einem Roller, mit Straßen- und U-Bahn. Fast – denn ihre Leidenschaft gehört der Elektro-Mobilität. Sie ist die treibende Kraft  hinter vielen e-mobilen Entwicklungen in Österreich.

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“crazy enough to be electrified”. Doris Holler Bruckner. Foto: Nina Holler “crazy enough to be electrified”. Doris Holler Bruckner. Foto: Nina Holler

Wie hast du deine Leidenschaft für Elektro-Mobilität entdeckt?

Das war reiner Zufall. Auf einer Solarkonferenz in Gleisdorf vor Jahren habe ich Helga Morocutti kennengelernt und durfte mit ihrem Elektro-Auto mitfahren. Einmal fahren und es war um mich geschehen – die Leidenschaft für Elektro-Autos war da.

Aus der Leidenschaft ist mehr geworden

Ich habe herausgefunden, dass sich drei Organisationen in Österreich mit der Elektro-Mobilität beschäftigen, eine Gruppe in Vorarlberg, eine in Kärnten und eine in Wien. Sie kannten sich nicht, daher habe ich ein erstes Treffen organisiert. Dort haben wir dann den Bundesverband für nachhaltige Mobilität gegründet.

Der dich gleich ins Präsidium gewählt hat. Was waren eure ersten Aktivitäten?

Wir waren eine ganz kleine Gruppe, die in halb Europa mit Testfahrzeugen unterwegs war, um die Leute zu überzeugen. Darüber hinaus haben wir Stammtische zum Erfahrungsaustausch in mehreren Bundesländern ins Leben gerufen. Zusätzlich betreiben wir intensives Lobbying und versuchen die Politik zu überzeugen.

Dieses Jahr konntet ihr einen großen Erfolg feiern

Ja, wir haben die Mehrwertsteuerbefreiung bzw. -begünstigung für Elektro-Autos durchgebracht  und durch die Sachbezugsregelung für Firmen steuerliche Vergünstigungen erreicht. Das war uns wichtig, denn 80% der Erstzulassungen gehen auf Firmen. Wenn ich hier etwas bewege, bewege ich viel!

Was sind eure nächsten Meilensteine?

E-Car-Sharing am Land wird immer mehr nachgefragt. Wir sind im Gespräch mit Vereinen und Gemeinden, wie die Fahrzeuge besser vernetzt werden können. Wie kann ein Wiener, der im Waldviertel Urlaub macht, die regionale Infrastruktur vor Ort nutzen? Es gibt natürlich erste regionalübergreifende Angebote, aber die örtliche Bevölkerung identifiziert sich viel stärker mit regionalen Angeboten und trägt sie stärker mit.

Was fasziniert am Elektro-Auto?

Elektro-Auto fahren macht einfach mehr Spaß. Mehr Beschleunigung, das gute Gefühl abgasfrei unterwegs zu sein. Es stinkt nicht, wenn man hinter einem E-Fahrzeug  fährt. Es ist billiger beim Betrieb und beim Treibstoff. Es kostet weniger, wenn ich es einmal habe. Natürlich geht die Anschaffung noch immer ins Geld, weil Batterien teuer sind und es zu wenige Batteriefabriken gibt. Trotzdem hat sich schon einiges getan: kleinere  Elektro-Autos haben vor fünf Jahren 35.000 Euro gekostet, heute sind es um die 18.000 Euro.

Wo liegen die größten Probleme?

Die größten Probleme sind die Gerüchte. Es wird kolportiert, dass die Reichweite zu gering sei. Aber mehr als 80% der Autofahrten sind unter 25 km. Das schaffe ich mit jedem Elektro-Auto locker. Danach kommt der Einwand, dass ich mit dem Elektro-Auto nicht auf Urlaub fahren kann. Das stimmt für Österreich nicht, denn da ist die Infrastruktur an Schnelladestationen mittlerweile sehr gut. Für Destinationen außerhalb fliegen die meisten ÖsterreicherInnen sowieso, oder man leiht sich einfach mal ein Auto aus. Ebenfalls ein Gerücht ist, dass wir nicht genug Strom produzieren könnten, wenn alle ÖsterreicherInnen auf Elektro-Autos umsteigen. Das ist Unsinn. Wir würden um ganze 8% mehr Strom brauchen.

Welches Erlebnis hat dich fasziniert?

Bei einer Veranstaltung habe ich eine 80-jährige Dame getroffen, die immer noch sehr sehr gut Auto fährt, mit einem alten Golf. „Den gebe ich nie her, der ist so gut!“ hat sie gemeint. Nach der Probefahrt hatte sie ihre Meinung vollkommen geändert: „Ab jetzt lasse ich meins stehen!“ erklärte sie. Wir haben sie nach fünf Monaten wieder getroffen – sie hatte sich tatsächlich einen Renault Zoe gekauft!

Was motiviert dich?

Die positive Sicht der Menschen. Die große Mehrheit der Menschen, die elektrisch fahren, denkt positiv. Sie sagen nicht, das geht nicht, sondern sie tun einfach das Richtige.

Was wünscht du dir?

Dass LEBENSART-LeserInnen Elektro-Autos anschauen und ausprobieren. Und dass ein Minister / eine Ministerin im kommenden Jahr auf ein Elektro-Auto umsteigt. Ich glaube, dass wir bis 2020 20% Elektro-Fahrzeuge haben werden. Der Markt verändert sich rasant.

Doris Holler-Bruckner ist die treibende Kraft hinter der Elektro-Mobilität in Österreich. Heuer organisierte sie die Plug-and-Play-E-Tour durch Österreich. Als Kooperationspartner der WAVE Earth 2016 bringen Elektroauto-Enthusiasten Klimabotschaften von SchülerInnen aus Europa nach Genf. Dort werden sie gesammelt und anschließend bei der Klimakonferenz in Marrakesch Anfang November 2016 präsentiert. ww2.bvmobil.at

Autorin: Roswitha M. Reisinger