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Dicke Socken statt dicker Stromrechnung

Energiesparen wird seit langem gefordert, doch jetzt tut es not. Dafür sind nicht gleich große Investitionen und Umbauten nötig, auch kleine Schritte können viel bewirken.

Eine Mutter mit zwei Kindern im Schulalter in einem Wohnraum, sie tauschen gerade gemeinsam die Glühbirne einer Schreibtischlampe aus.
Foto: istock/Imgorthand

Kurz nachdem die Messe „HausBau+EnergieSpar“ in Tulln am 22. April gestartet war, bildeten sich an den Ständen für Hackschnitzel- und Pellets-Heizungen und Photovoltaikanlagen bereits Trauben von Menschen. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die gestiegenen Energiepreise und das geplante Aus für Öl- und Gasheizungen motivieren viele, sich nach Alternativen zu fossilen Energieträgern umzuschauen. Auch beim Messestand der Energie- und Umweltagentur hatten die Berater*innen reichlich zu tun. Wer Nachbarn oder Bekannte traf, fragte als Erstes: „Und, was macht‘s ihr?“ Andrang herrschte auch beim Stand der Wohnbauförderung, denn wer seinen alten Öl- oder Gas-Heizkessel durch ein Heizsystem mit erneuerbarer Energie ersetzen, eine Photovoltaikanlage installieren oder das Haus dämmen möchte, kann sich bis Ende des Jahres Förderungen von Land und Bund abholen. Am Ende des Messebesuchs waren die Taschen voll mit Broschüren und Prospekten und der Kopf rauchte. So manche*r ist vermutlich daheim erschöpft aufs Sofa gesunken und hat sich gedacht: „Das ist mir alles zu anstrengend, zu teuer, zu verwirrend.“

Gudrun Buschbacher, Energieberaterin bei Die Umweltberatung, hat Tipps für den sanften Einstieg: „Es gibt viele kleine Dinge, die man machen kann. Als Erstes muss man aus der Bequemlichkeit heraus.“ Bequem ist das, was man seit Jahren immer schon so macht. Vielleicht ohne darüber nachzudenken, weil man für eine Änderung einkaufen gehen oder die Leiter aus dem Keller holen müsste. Leichter fällt es mit einem vergnüglichen Zugang zum Thema Energiesparen: Jedes Haushaltsmitglied nimmt sich einen Notizblock zur Hand und geht für 30 Minuten auf die Suche nach Energiesparmöglichkeiten. Wer am Schluss die längste Liste hat, bekommt das größte Stück vom Sonntagskuchen oder darf beim nächsten Kinobesuch den Film wählen (oder was auch immer Sie sich als Belohnung ausdenken). Den Schummelzettel dafür finden Sie im Anschluss an diesen Text. Sie selbst habe in ihrem Haushalt den Stromverbrauch dank all dieser kleinen Schritte auf 1.800 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr reduziert, verrät Buschbacher. Ein durchschnittlicher Vier-Personen-Haushalt verbraucht normalerweise 3.200 bis 4.000 kWh. Werfen Sie doch gleich einmal einen Blick auf Ihre Stromrechnung!

Die Energie-Sparefrohs

Peter und Sabine, die in Rekawinkel in einer Wohnung in einem alten Haus wohnen, haben einen Verbrauch von nur 1.100 KWh, obwohl sie beide mindestens drei Tage die Woche daheim arbeiten. Allerdings kommt das Warmwasser während der Heizsaison aus der Holzzentralheizung und nur in der übrigen Zeit aus dem Elektroboiler. „Ich weiß nicht, was wir anders machen als andere“, sagt Peter. Die beiden sind in der Filmbranche tätig und haben deshalb einen großen Flachbildfernseher, ein Energiesparmodell allerdings, arbeiten auf Laptops, die sparsamer sind als ein Standcomputer mit externem Bildschirm, und haben für die Beleuchtung fast überall Energiespar- und LED-Lampen. Weil ihr altes Auto kein Pickerl mehr bekam, haben sie jetzt ein Elektroauto gekauft, das sie für Einkäufe und andere Wege nutzen. Wenn immer möglich, fahren sie mit dem Rad und mit öffentlichen Verkehrsmitteln und beide haben ein Klimaticket. Sobald lieferbar, bekommen sie eine Photovoltaikanlage, die pro Jahr bis zu 4.500 KWh Strom produzieren wird. Die überschüssige Energie werden sie ins Netz einspeisen.

Marcus und seine Familie, die in einem Einfamilienhaus in Niederösterreich wohnen, hatten Glück: Sie haben noch vor der Strompreiserhöhung eine Photovoltaikanlage samt Batteriespeicher angeschafft und produzieren seit einem Jahr Sonnenstrom auf ihrem südseitigen Dach. Die Motivation dafür war der hohe Stromverbrauch: Marcus ist selbstständiger IT-Dienstleister mit Homeoffice, seine Server müssen Tag und Nacht in Betrieb sein. Der Jahresstromverbrauch lag deshalb bei rund 4.300 KWh. Die Photovoltaikanlage samt Speicher hat rund 16.000 Euro gekostet, 13 Prozent davon wurden gefördert. Die Stromrechnung sei jetzt „fast nicht mehr vorhanden“. Die positive Nebenwirkung: „Zur PV-Anlage bekommt man einen Smart-Meter dazu, der die Einspeisung der Überschüsse ins Netz steuert. Da siehst du immer den aktuellen Verbrauch und im Zug dessen habe ich gesehen, wie viel Strom Glühbirnen und Halogenlampen verbrauchen“, erzählt Marcus. Die hat er durch LED ersetzt – für ein ganzes Haus eine größere Investition, die sich aufgrund des geringen Verbrauchs und der Langlebigkeit der Lampen aber auszahlt. Die Wärmepumpe für das Warmwasser wird nachts ausgeschaltet, Waschmaschine und Geschirrspüler laufen nach Möglichkeit dann, wenn die Sonne scheint. Vergangenes Jahr hat die Familie nur mehr 1.100 KWh Strom vom Netz bezogen und 2.400 KWh eingespeist.

Wer bei seinem Haus noch mehr investieren will und kann und auf erneuerbare Energie umsteigen möchte, sollte sich auf jeden Fall beraten lassen: Welche Heizungsart möglich und sinnvoll ist, hängt von vielen Faktoren ab, z. B. davon, aus welchen Materialien das Haus gebaut ist, welchen Grundriss es hat, wie viel Platz man für Heizmaterial hat, wie das Dach ausgerichtet ist und vieles mehr. Falls das Haus einen hohen Heizwärmebedarf hat, sollte es vor dem Wechsel unbedingt gedämmt werden.

Was mache ich in der Mietwohnung?

In einer Wohnung, besonders in einer Mietwohnung, hat man weit weniger Möglichkeiten, den Heizenergiebedarf zu reduzieren – obwohl die Heizung einer der größten Energie-Kostenpunkte in österreichischen Haushalten ist. Doch auch da muss man nicht resignieren, wie das folgende Beispiel zeigt.

Dagmar und Robert wohnen mit ihrem Sohn in einer gemieteten Altbauwohnung in Wien. Wie 470.000 andere Mieter*innen in der Bundeshauptstadt haben sie eine Gasetagenheizung, die auch das Warmwasser produziert, und können diese nicht selbst durch eine preisgünstigere, klimaschonendere Wärmebereitung ersetzen. Sie können auch keine Photovoltaikanlage an die Hauswand montieren, das müsste der Hausbesitzer tun. Sehr wohl sparen sie jetzt aber Gas beim Heizen und Kochen auf einer Induktionskochplatte, die wenig Strom verbraucht und mit Solarstrom läuft. Das geht so: An ihrem Schrebergartenhaus im 22. Bezirk haben sie eine Photovoltaikanlage mit fünf Kilowattpeak Leistung montiert und schicken sozusagen den Strom zu ihrer Wohnung im 2. Bezirk. Das geht mithilfe der „Energy Friends“, einer Community, über die man Ökostrom an Nachbar*innen oder Freund*innen weitergeben oder von lokalen Produzent*innen beziehen kann.

SCHUMMELZETTEL FÜR ENERGIESPÜRNASEN

Bei Energieberatungsstellen, beim Klimaschutzministerium und bei Energieanbietern gibt es Energiespartipps und Informationen zu Beratung, Planung und Förderungen.

Das können Sie tun:

Sofort

Heizen: Raumtemperatur auf 20 bis 22 Grad verringern und bei Bedarf Pullover und Wollsocken anziehen oder in eine Decke kuscheln. Schlafzimmer, Vorraum, WC oder wenig benutzte Räume müssen nur wenig geheizt werden – die ideale Schlaftemperatur liegt bei 16 bis 19 Grad. In der Nacht oder bei längerer Abwesenheit kann man die Temperatur um ein paar Grad absenken. Heizungspumpe ausschalten, wenn sie nicht gebraucht wird, denn sie läuft eventuell weiter, obwohl nicht geheizt wird.

Kochen: Nudel- oder Teewasser mit Wasserkocher erhitzen; Deckel auf den Kochtopf; beim E-Herd Restwärme nutzen. Erdäpfel, Reis usw. aufkochen und in einer Kochkiste oder unter einer Decke ausdünsten lassen; Backrohr mit Heißluft nutzen, das braucht 20 Grad weniger Hitze. Geschirr nicht unter fließendem Wasser spülen.

Waschen: Waschmaschine und Geschirrspüler voll beladen, ein Programm mit niedriger Temperatur oder ein Eco-Programm wählen. Kleidung nach Möglichkeit länger tragen und diese dazwischen gut auslüften sowie Flecken händisch auswaschen. Wäsche an der Luft und nicht im Trockner trocknen, so aufhängen, dass sie nicht oder wenig gebügelt werden muss.

Körperpflege: Nur kurz (höchstens fünf Minuten) duschen, manchmal tut es statt dem Duschen auch ein nasser Waschlappen, während des Zähneputzens Wasser abdrehen.

Kleingeräte: Fernseher, Computer, Drucker, Ladegerät usw. abschalten, wenn man sie nicht verwendet, Standby vermeiden, Steckerleiste mit Schalter nutzen. Zimmerbrunnen, Handtuchtrockner, Frostwächter, Whirlpool, Wasserbett-Heizung usw. ausschalten, wenn sie nicht unbedingt notwendig sind.

Beleuchtung: Nur einschalten, was gerade genutzt wird.

Kühlen: Kühlschrank auf plus 5 bis 7 Grad Celsius einstellen, Gefrierschrank bis minus 18 Grad, nicht kälter. Speisen abkühlen lassen, bevor man sie in den Kühlschrank stellt, auftauen von Gefrorenem im Kühlschrank. Im Sommer Sonnenschutz vorm Fenster nutzen, nachts lüften.

Mobilität: Langsamer und vorausschauend mit dem Auto fahren. Öffis nehmen, zu Fuß gehen, Rad fahren, Fahrgemeinschaften bilden, Wege optimieren.

Mittelfristig:

Strommessgerät ausleihen und Verbrauch aller Geräte messen, um Stromfresser zu entdecken.

Spar-Duschkopf installieren. Braucht weniger Wasser und damit weniger Energie bei gleichem Komfort.

Neue Dichtungen an undichten Wasserhähnen anbringen.

Thermostatventile an Heizkörpern montieren. „Smarte“ Thermostate können für den Wärmebedarf pro Raum programmiert und eventuell mit dem Handy aus der Ferne gesteuert werden. Man kann so die Heizung kurz vorm Heimkommen aufdrehen.

Bei neuer Kleidung auf Materialien setzen, die nicht so oft gewaschen und nicht gebügelt werden müssen.

Glühbirnen und Halogenlampen durch LED-Lampen ersetzen. Auf die passende Farbtemperatur achten – warmweiß für gemütliche Stunden, neutralweiß für freundliche Helligkeit und konzentriertes Arbeiten und tageslichtweiß für starke Ausleuchtung.

Defekte Geräte wie Kühlschrank, Waschmaschine, Fernseher, Computer, Monitor, Heizungspumpe durch stromsparende Geräte ersetzen. Nur Geräte kaufen und verwenden, die man wirklich braucht.

Undichte Fenster und Türen abdichten.

Heizungsrohre isolieren, Heizungsanlage warten und optimieren, eventuell Umwälzpumpe durch eine hocheffiziente ersetzen. Das Energieinstitut Vorarlberg z. B. bietet einen Heizraum-Check an.

Das Auto verkaufen und bei Bedarf Carsharing nutzen.

Ein Fahrrad oder Lastenrad anschaffen, ein Klimaticket für die Öffis kaufen.

Langfristig:

Außenrollos montieren zur Wärmerückhaltung bei Nacht oder Beschattung im Sommer. Innen können Thermovorhänge sinnvoll sein.

Oberste Geschoßdecke bzw. ganzes Haus oder Wohnung dämmen, Bauteile als Speicher nutzen (Energieberatung fragen).

Flachdach begrünen – wirkt als Dämmung, hält Wasser zurück, kühlt und nützt gleichzeitig Insekten und Vögeln. (Beraten lassen, ob das Dach stabil genug ist)

Heizungsanlage tauschen für erneuerbare, preisgünstigere Energieträger und effizientere Energienutzung.

Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung installieren.

Solarthermie und/oder Photovoltaikanlage installieren.

Einer Energiegemeinschaft beitreten oder eine gründen.

Smart Meter oder „intelligente“ Haustechnikanlage anschaffen, wenn man ein Freund der Daten ist und das beim Energiesparen hilft.

Bei einer Mietwohnung gemeinsam mit Nachbar*innen Kontakt mit dem/der Vermieter*in aufnehmen und wegen erneuerbarer Heizform, Dämmung, Außenrollos, Photovoltaik oder Solarthermie fragen.

Das Benzinauto durch ein Elektroauto ersetzen.

Aus biogenen Abfällen selbst Biogas erzeugen.

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Sonja Bettel

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