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Familie Klauss IM PORTRAIT

Pioniergeist gehört bei Familie Klauss zum Erbgut: Während sich andere noch vor der Elektrifizierung fürchteten, stattete Anton Klauss 1886 sein abgelegenes Bergdorf mit elektrischem Licht aus. Warum sich vier Generationen später seine Nachkommen noch immer leidenschaftlich für den Ökostrom engagieren, erzählen sie im BUSINESSART-Portrait.

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Es gibt Familien, die schreiben in jeder Generation Geschichte. Familie Klauss aus Kötschach-Mauthen gehört zu jenen. Gestärkt durch ihre Wurzeln sind sie in Sachen Ökostrom immer als eine der Ersten dabei – ob bei Wasserkraftwerken, Windturbinen oder Naturschutz. Bereits vor 128 Jahren stieg Gast- und Landwirt Anton Klauss in das Zeitalter der Elektrizität ein: Er baute ein eigenes Kraftwerk und versorgte seine Gemeinde mitten in den Kärntner Bergen mit Strom – zwölf Jahre, bevor in der Landeshauptstadt Klagenfurt das erste elektrische Licht anging. Der Grundstein für die Alpen-Adria-Energie-Firmengruppe, kurz AAE, war gelegt. Schritt für Schritt wurde der Betrieb erweitert: 1997 baute die Familie die erste Windturbine in Kärnten und 2010 eröffnete sie erste Kraftwerke in Italien und Slowenien. „Heute produzieren wir als privates Stromunternehmen immer noch Ökostrom und liefern diesen österreichweit an Kunden“, erzählt Wilfried-Johann Klauss, Geschäftsführer der AAE Naturstrom und Vizekoordinator der Firmengruppe. Zusammen mit seinen Geschwistern Ruth, Roland und Katharina gehört er zur jüngsten Generation im Betrieb.

Das Familienunternehmen ist langsam gewachsen. Einfachheit und Persönlichkeit stehen nach wie vor im Mittelpunkt sämtlicher Tätigkeiten. Ruth erklärt: „Weil wir ein Familienbetrieb sind, ist unsere Firmenführung und der Zusammenhalt ein anderer. Wir sind eng mit unseren Mitarbeitern verbunden, sind füreinander und für unsere Kunden da.“ Jeder kenne jeden und bringe seine Stärken ein. Doch wie klappt das ohne größere Reibereien? „Das Wichtigste sind klar getrennte Aufgaben“ verrät Wilfried-Johann. Er ist für den Energiehandel, sein Vater Wilfried senior für die Kraftwerksplanung zuständig. Mutter Margarete zieht als Generalmanagerin die Fäden im Hintergrund. Bruder Roland ist Kraftwerkstechniker und IT-Experte. Ruth kümmert sich um Energiebildungsprojekte und das Marketing. Katharina studiert und hilft im Betrieb aus. „Jeder von uns kennt die Grundlagen der anderen Bereiche, aber immer nur einer besitzt die Tiefe des Wissens“, erklärt Wilfried-Johann. Dadurch habe jedes Familienmitglied eine unangefochtene Position inne. Entscheidungen werden im Zweistufensystem getroffen: Fragen, die die Firma generell betreffen, diskutiert die Familie lange und ausgiebig gemeinsam. Für einzelne Bereiche trägt jeder selbst die Entscheidungsverantwortung. Der Wechsel der Generationen erfolgt fließend: „Keiner von uns hatte den Druck ins Unternehmen einsteigen zu müssen. Es hat sich wie von selbst ergeben. Irgendwie hat es jeder geschafft, die eigenen Interessen und den erlernten Beruf im Betrieb nachzugehen. Grundvoraussetzung ist der Spaß an der Arbeit“, sagt Wilfried-Johann. Erst durch die Veränderung vom einfachen E-Werksbetreiber hin zur Verteilernetzausweitung und nachhaltigen Ökostromprojekten seien auch die Aufgaben vielfältiger geworden.

Eine Herausforderung für die Familie sind die Bewilligungsverfahren beim Kraftwerksbau. „Die Anforderungen werden immer höher, genauso wie Aufwand und Risiko. Wir müssen sehr viel Zeit und Arbeit investieren, bis ein Projekt realisiert werden kann“, berichtet Kraftwerksplaner Wilfried senior. Von zehn fertig entwickelten Projekten können im Schnitt drei umgesetzt werden. Allein für den Bau der ersten Windturbine in Slowenien dauerte der Bewilligungsmarathon 13 Jahre. Wer als Unternehmer dabei nur auf den eigenen Profit achtet, steigt nach der ersten Hürde aus. Aber nicht Familie Klauss. Wenn sie etwas anpackt, dann wird Herzblut ins Projekt gelegt, wie bei der Revitalisierung von historischen Kraftwerken. In den vergangenen Jahrzehnten wurden viele Kleinkraftwerke in Österreich abgeschaltet und einfach vergessen. Familie Klauss hat einen Weg gefunden, diese effizient wieder zu beleben. Roland hat dafür ein in Europa einzigartiges Kraftwerkssteuerungssystem entwickelt: „Mit diesem sorgen wir für ein optimales Zusammenspiel verschiedener erneuerbarer Energien – selbst bei wechselndem Wetter. Die Speicherseen fungieren als grüne Batterie und wir können die kurzfristig verfügbare Energie von Wind und Sonnenstrom speichern. Alle Kraftwerke werden zentral gesteuert“, erklärt Roland. Für solche Projekte wurde die Familie schon mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Eurosolar-Preis oder Energy Globe. „Solche Auszeichnungen sind für uns einerseits eine Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind, andererseits motivieren sie uns dazu weiterzumachen“, sagt Ruth.

Die freie Zeit außerhalb der Firma verbringen die Familienmitglieder auch voneinander getrennt. „Jeder hat sein eigenes Privatleben, damit keiner einen Lagerkollaps erleidet“, scherzt Wilfried-Johann und ergänzt ernst: „Wir sind in den Betrieb eingestiegen, weil wir alle absolut hinter dem Produkt Naturstrom stehen und es schade wäre, wenn das Wissen und die Erfahrung über ökologische Stromerzeugung verloren ginge.“ Außerdem habe ein Familienbetrieb eine gewisse Stärke, die sie in der Wirtschaft einfach länger durch halten lasse, ist Wilfried-Johann überzeugt. Zu dieser Stärke zählt er den Zusammenhalt untereinander und die Flexibilität jedes Einzelnen: „Bei uns sieht niemand auf die Uhr und bei Bedarf springen wir natürlich für den anderen ein.“

Preislich liegt der Ökostrom von Familie Klauss im Mittelfeld. Ökologisch gesehen an der Spitze, weil nicht nur 100 Prozent Naturstrom aus Österreich erzeugt wird, sondern die Familie stark in den Ausbau der erneuerbaren Energielandschaft investiert. 17.000 Kunden, darunter Privathaushalte, Unternehmen oder Gemeinden, von Wien bis Vorarlberg teilen mit der Familie den Gedanken an die ökologische Stromerzeugung. In Zukunft sollen sich noch mehr für erneuerbare Energie entscheiden. Daher sind weitere Kraftwerke geplant und verschiedene Bürgerbeteiligungsmodelle angedacht. „Damit wollen wir Schritte setzen, um die Energiewende zu beschleunigen – aber nur mit Partnern, die unseren Umweltgedanken mittragen“, verrät Wilfried-Johann seine Vision. Es sei nicht einfach, sich als kleinerer Betrieb, weit weg von den Ballungszentren, neben den Big Playern zu behaupten. „Der bürokratische Aufwand wächst und wir müssen laufend mit überraschenden Änderungen in der Stromwirtschaft rechnen“, erklärt Wilfried-Johann. Bis jetzt konnte die Familie solche Herausforderungen meistern. Und in Zukunft? „Wir haben nur eine Chance, wenn wir mehrere Ideen parallel bearbeiten und weiterhin selbst Projekte entwickeln, die es noch nicht am Markt gibt“, sagt Wilfried-Johann. Zusammen mit seinen Geschwistern will er so die Pionierarbeit der Familie fortführen.