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Eine Zukunft für alle

Immer bedrückender wirkt unser ökologischer Fußabdruck im Angesicht der Klimakrise. Doch wie könnte unser Leben innerhalb planetarer Grenzen aussehen?

Ein junger Vater trägr sein etwa einjähriges Kind auf den Schultern, das ihm mit den Fingern unbewusst am Auge kneift. Im Hintergrund ein felsiger Strand und Meeresbrandung.
Foto: Tatiana Syrikova / pexels

Stell dir vor, dein Jahr hätte 96 Tage. Gerade wärmen die ersten Sonnenstrahlen die Haut, das Frühlingsgrün entfaltet sich und setzt zur Blüte an. Die Spaziergänge riechen nach feuchter Erde, nach Neubeginn und ein bisschen nach Bärlauch. Rauchschwalben ziehen grazil durch die Luft und im Garten zwitschert es. Und dann ist es plötzlich aus. Das Jahr ist vorüber. Keine Apfelblüte, keine lauen Sommerabende, keine mystische Herbststimmung, keine Weihnachtsvorfreude. Denn am 7. April haben wir Österreicher*innen bereits jene Ressourcen verbraucht, die uns pro Jahr zustehen. 3,8 Erden bräuchten wir, hätten alle unseren ökologischen und klimatischen Fußabdruck: 6,1 globale Hektar und 14,7 Tonnen CO2-Äquivalent geht auf jede unserer Kappen.

3,8
ERDEN BRÄUCHTEN WIR,
hätten alle unseren ökologischen und
klimatischen Fußabdruck

Wo ansetzen?

Zahlenmäßig ist es einfach – wir müssen unseren Flächenverbrauch auf 1,5 globale Hektar (gha) und unsere Emissionen auf 3,6 Tonnen CO2-Äquivalent (t CO2e) verringern.

Wortwörtlich würden wir damit Platz machen: für die Natur und für die anderen Menschen auf diesem Planeten. Platz, der diese Menschen ernähren könnte und ihnen denselben Lebensstandard zugestehen würde wie uns selbst. Für uns bedeutet das, auf vielen Ebenen umzudenken – bei unserer Ernährung, Mobilität, Wohnsituation, unserem Konsum und unserem „grauen Fußabdruck“ (siehe Beispielrechnung). Trotzdem gibt es auch Bereiche, in denen man schnell große Wirkung erzielen kann – so macht zum Beispiel unser Auto- und Flugverkehr ein Viertel unserer Klimawirkung und unsere fleischlastige Ernährung ein Viertel unseres Flächenverbrauches aus.

Die folgenden Grafiken zeigen, wie sich unser Verhalten auf den ökologischen und den CO2-Fußabdruck auswirkt. Wo würde es dir am einfachsten fallen, etwas zu verändern?

Leben innerhalb planetarer Grenzen

Aber wie könnte unser Leben auf kleinem Fuß konkret aussehen? Welche Maßnahmen
müssten wir setzen und wie viele Tage gewinnen wir dadurch? Eine Beispielrechnung:

Ernährung

Ein Mann schneidet Gemüse in einer hellen Küche.
Foto: Jason Briscoe / unsplash

+ 58 Tage für die Natur
+ 34 Tage fürs Klima

Lebensmittel: Regional, saisonal und bio einkaufen. So wenig Verpackung wie möglich nutzen und keine Lebensmittel verschwenden.

Gemüse, Obst und Getreide machen den Großteil der Ernährung aus, ergänzt durch:

250 Gramm Fleisch und Wurst
200 Gramm Fisch
250 Gramm Milchprodukte
2 Eier                                         - pro Woche!

Lieblingsgetränke: Leitungswasser, Dicksäfte, Tee und Kaffee
Mehrweg-Flaschen

Wohnen

Eine fünfköpfige Familie sitzt an einem Tisch in einer mit weißen Möbeln im Landhausstil eingerichteten Küche.
Foto: Cottonbro Studio / pexels


+ 37 Tage für die Natur
+ 38 Tage fürs Klima

Möglichst viel Infrastruktur und Quadratmeter gemeinsam nutzen, Wohnfläche an die Lebenssituation anpassen und bestehende Baugründe nutzen.

Denkbar sind verschiedene Wohnsituationen, z. B. 75-m2-Wohnung zu zweit oder ein 140-m2-Haus mit Garten zu viert.

Energiekennzahl: < 15 (Passivhaus)
Heizung mit Fernwärme, Wärmepumpe, Solarthermie oder Holz/Pellets
Raumtemperatur: 22°C, abgesenkte Nebenräume

Wasser: bewusster, sparsamer Umgang, z. B. durch Regenwassernutzung, Brauchwasser in WCs und Wasserspararmaturen

Warmwassererzeugung: mit der Heizung und/oder einer thermischen Solaranlage

Strom: Umweltzeichen-zertifizierter Ökostrom, sehr geringer Verbrauch durch wenige, energiesparende Geräte und Beleuchtung, niedrige Waschtemperaturen, Abschalten statt Standby
Wo möglich: Photovoltaik-Anlage mit Speicherlösung

Mobilität

In einem Park mit alten Bäumen steht eine Frau mit pinkem Pullover mit dem Rücken zum Betrachter an ihr Lastenfahrrad gelehnt.
Foto: Mika Baumeister / unsplash

+ 60 Tage für die Natur
+ 90 Tage fürs Klima

Autos werden gemeinsam oder im Carsharing genutzt, fahren mit Ökostrom und transportieren stets mehr als eine Person.

Die wichtigsten Ziele sind fußläufig und mit dem Fahrrad erreichbar.

Züge, öffentliche Verkehrsmittel und E-Bikes ergänzen die Individualmobilität, ermöglichen aktive Ausflüge und führen zu attraktiven Urlaubszielen.

Flüge sind innerhalb der planetaren Grenzen nur mit Kompensation möglich – jedoch ist die Menge an Emissionen, die wir ausgleichen können, auf ca. 10 Prozent des heutigen CO2-Fußabdrucks begrenzt – für weite Reisen braucht es technologische Innovation.

Konsum

+ 50 Tage für die Natur
+ 46 Tage fürs Klima

Eine Frau steht vor einem Regal in einem Verkaufsraum und hält eine Sprühflasche in der einen und einen Einkaufskorb in der anderen Hand.
Foto: Anna Tarazevich / pexels
Haushaltsgeräte, Möbel, Unterhaltungselektronik und IT:

  • reparieren statt wegschmeißen
  • wenige und effiziente Neuanschaffungen
  • funktionstüchtige Sachen weitergeben
  • neues Smartphone frühestens alle vier Jahre

Kleidung: lange Nutzung und gerne Secondhand, für besondere Anlässe ausborgen
Alltagskonsum (z. B. Waschmittel, Spielzeug, Kosmetik oder Kinobesuche): < 100 Euro pro Monat

Papier: nicht erwünschte Werbesendungen abbestellen, Verpackungen und Kartone vermeiden, Recyclingpapier nutzen, Toiletten- und Küchenpapier sparsam einsetzen
Plastik: richtig trennen und plastikfrei einkaufen, auf die Recyclingfähigkeit von Kunststoffen achten
Restmüll:
< als 1,5 kg pro Woche

Hobbys: Einfache Hobbys, die wenig Ausrüstung brauchen, wiederentdecken – z. B. Lesen, Singen, Malen, Gärtnern, Wandern, Computerspielen oder Schwimmen.
Für aufwendigere und selten genossene Hobbys die Ausrüstung mieten oder mit anderen, im Verein oder in der Nachbarschaft, teilen: z. B. Schifahren, Reiten, Heimwerken oder Klettern.

Urlaube: Bewusst ökologisch und möglichst einfach gestalten, z. B. Anreise und Mobilität vor Ort mit Öffis, umweltfreundliche Quartiere bevorzugen, Urlaub bei Freunden machen, Campen oder Quartier-Tauschbörsen nutzen.

Haustiere: Kleintiere und Aquarien haben einen geringen Fußabdruck, größere Tiere wie Hunde, Katzen oder Pferde nur als Familien- oder Gemeinschaftstiere.

Grauer Fußabdruck

+ 64 Tage für die Natur
+ 62 Tage fürs Klima

Der graue Fußabdruck ist jener Teil unserer Emissionen, der nicht einzelnen Personen zugeordnet werden kann, sondern durch uns als Gesellschaft entsteht.

Ein Fußballfeld inmitten eines Waldes, aus der Vogelperspektive fotografiert.
Foto: Sveta K / pexels
Dazu gehören zum Beispiel öffentliche Gebäude, Feuerwehr, Polizei, Bildungs- und Gesundheitswesen, Kultur- und Sporteinrichtungen sowie Versorgungsinfrastruktur (Wasser, Kanalisation, Stromleitungen).

Um diesen gemeinsamen Fußabdruck zu reduzieren, müssen wir gesellschaftlich und politisch aktiv werden. Maßnahmen umfassen zum Beispiel:

  • Kreislaufwirtschaft konsequent umsetzen
  • Wandel zu erneuerbaren Energieformen, Ökostrom in allen öffentlichen Einrichtungen
  • Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Radwege

Quelle: bmk.footprint.at

So, oder so ähnlich könnte ein Leben mit den Ressourcen, die uns die Natur gibt, aussehen – 365 Tage lang. Je näher wir diesen Zielen kommen, umso mehr Menschen werden in den Ländern des Südens genug zu essen, sauberes Wasser, ein Dach über dem Kopf und Zugang zu Bildung haben. Stell dir vor, eine Welt ohne Ausbeutung. Jede*r einzelne von uns hat es in der Hand. Jeden Tag erneut. Bist du dabei?

Michaela R. Reisinger

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