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Schmetterlinge verschwinden

Schmetterlinge zählen weltweit zu den gefährdetsten Tieren - auch in Öster­reich. Der aktuelle Report von Blühendes Österreich und GLOBAL 2000 zeigt den  Rückgang der Arten­vielfalt vor allem in den Tälern der alpinen Regionen.

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Matterhorn – Bärenspinner. Tiroler Landesmuseen

Schmetterlinge sterben leise: Fehlende Daten zum Artensterben 

In Österreich sind rund 4.070 Schmetterlingsarten registriert, das ist mehr als in allen anderen nord- und mitteleuropäischen Staaten. Doch auch hierzulande gehen viele Arten weiter zurück, was jedoch nur ansatzweise in regionalen, oft veralteten Roten Listen dokumentiert wird. „Wir brauchen mehr als nur punktuelle Daten, um effektive Schutzmaßnahmen zu ermöglichen. Vor allem die Erstellung Roter Listen ist ein dringliches Anliegen. Citizen Science-Projekte wie die Schmetterlingsapp oder das erste Tagfalter Monitoring Österreichs in Tirol können wichtige Verbreitungsdaten liefern", sagt der Verfasser des Reports Peter Huemer von den Tiroler Landesmuseen und Beirat der Stiftung Blühendes Österreich.

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Innsbruck 1920: wenig Verbauung und viel Lebensraum für Schmetterlinge | © Tiroler Landesmuseen/Slg. Stockhammer Innsbruck 1920: wenig Verbauung und viel Lebensraum für Schmetterlinge | © Tiroler Landesmuseen/Slg. Stockhammer

Schmetterlinge bald nur noch in Gebirgsregionen und Naturschutzgebieten?

Zwischen 2.300 und 2.900 Schmetterlingsarten wurden in Salzburg, Oberösterreich, Vorarlberg, Tirol und Kärnten registriert. Diese Vielfalt übertrifft selbst große europäische Länder. Der Schmetterlingsreport aus den westlichen Bundesländern zeigt, dass in den vom Menschen eher unberührten Gebieten von den Gebirgswäldern bis hin zu alpinen Rasen, Fels- und Schuttfluren, aber auch in extensiven Almflächen eine teils (noch) hohe Vielfalt an Schmetterlingen vorzufinden ist. Exponierte Lagen und eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten haben zur Entstehung einzigartiger Biotope von europäischer Bedeutung geführt.

„Die teilweise noch hohe Artenvielfalt in den Höhenlagen und Naturschutzgebieten Österreichs kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Inseln der Vielfalt nicht die Bedürfnisse aller Schmetterlingsarten abdecken. Auch reicht das nicht aus, um unser Ökosystem stabil zu halten. Der Schutz der Schmetterlinge in Naturschutzgebieten ist zu wenig, wir müssen an den Ursachen ihrer Gefährdung ansetzen“, so Leonore Gewessler, Geschäftsführerin von GLOBAL 2000.

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Innsbruck 2018: starke Verbauung und kaum Lebensraum für Schmetterlinge | © Tiroler Landesmuseen/A. Eckelt. Innsbruck 2018: starke Verbauung und kaum Lebensraum für Schmetterlinge | © Tiroler Landesmuseen/A. Eckelt.

Komplexe Ursachen für das Verschwinden der Schmetterlinge

Die Hauptursachen für das Verschwinden der Schmetterlinge liegen in erster Linie am Nutzungsdruck durch eine zunehmend intensive, industrielle Landwirtschaft mit massiver Düngung sowie Pestizideinsatz, Monokulturen in der Forstwirtschaft sowie Verbauung und Versiegelung wertvoller Flächen. Damit geht oft der Ausbau der Infrastruktur einher, Lichtverschmutzung und Verkehrsbelastung nehmen zu. Der steigende Flächenbedarf einer wachsenden Bevölkerung und intensiver Tourismus sind eine fatale Kombination. In den höchsten Gebirgslagen zeichnet sich die Klimaerwärmung als weiteres Risiko ab.

Erstes Opfer des Klimawandels?

„Wie sich die globale Klimaänderung durch höhere Temperaturen oder geringere Schneebedeckung auf die Schmetterlingsfauna Tirols auswirken wird, lässt sich mangels zuverlässiger Daten noch schwer abschätzen“, stellt der Schmetterlingsexperte Huemer fest. Das Vorkommen des Matterhorn-Bärenspinners (Holarctia cervini) ist österreichweit nur in einem kleinen Gebiet auf etwa 3.100 Höhenmetern im Ötztal bekannt. Ein Ausweichen in größere Höhen ist unmöglich. Umgekehrt ist zu erwarten, dass einzelne wärmeliebende Arten die Gunst der Klimaerwärmung nutzen werden und sich zukünftig weiter oben ansiedeln, zuletzt der Karst-Weißling. Unabsehbare Konsequenzen des Artensterbens Noch nie sind zuvor sind Tiere, Pflanzen und Lebensräume so schnell verschwunden, wie heute. Die Folgen des Artensterbens sind dem Menschen unbekannt. Doch gerade Schmetterlinge sind Indikatoren für unsere Umwelt - geht es den Schmetterlingen gut, geht es dem Planeten und damit den Menschen gut. Ohne die Bestäubungsleistung der Bienen, Hummeln und Schmetterlinge gäbe es einen gravierenden Verlust an Blumen, Obst und Gemüse. Die österreichische Wiesenlandschaft wie wir sie kennen, würde unwiederbringlich verschwinden und Kürbis, Apfel oder Marille würde es kaum noch geben. Viele Supermarktregale stünden leer.

Report „Ausgeflattert III – Der stille Tod der österreichischen Schmetterlinge“