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Energiearmut: jeder vierte Euro für Energie

Eine Studie zeigt: energiearme Haus­halte geben rund 23 Prozent ihres Ein­kommens für Wohnenergie aus. Energiearme heizen öfter mit Öl, leben in älteren Gebäuden und häufiger alleine.

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Foto: Anja Greiner Adam/Panthermedia Foto: Anja Greiner Adam/Panthermedia

Die E-Control hat bei der Statistik Austria eine Studie in Auftrag gegeben, um Einkommensdaten mit dem Energieverbrauch verknüpfen und davon entsprechende Maßnahmen ableiten zu können.

Die Studie zeigt, dass Haushalte, die von Energiearmut betroffen sind, 22,8 Prozent ihres Einkommens für Wohnenergie ausgeben, das ist mehr als viermal so viel wie ein österreichischer Durchschnittshaushalt, der im Schnitt nur 4,6 Prozent seines Einkommens für Wohnenergie (Heizen, Warmwasser, Kochen, Licht u. ä.; ohne Energiekosten für Mobilität, wie etwa Sprit) ausgibt.

Laut der Untersuchung waren 2014 3,1 Prozent der österreichischen Haushalte (rund 117.000 Haushalte) energiearm. Als energiearm gelten Haushalte, die bei niedrigem Einkommen verhältnismäßig hohe Energiekosten haben. Diese Definition der E-Control ist auch Basis für diese Studie.

Energiearme Haushalte hatten 2014 ein äquivalisiertes Einkommen von knapp 10.700 Euro (Median) netto im Jahr, bei einem nicht-energiearmen Haushalt waren es im Schnitt 23.550 Euro (Median) jährlich, also mehr als doppelt so viel. Der Energieverbrauch für Wohnzwecke lag bei energiearmen Haushalten mit durchschnittlich 23.370 Kilowattstunden (kWh) jährlich deutlich über dem Durchschnitt von 18.360 kWh. Die dafür anfallenden Energiekosten lagen bei Energiearmen mit durchschnittlich 2.590 Euro pro Jahr um rund 40 Prozent über dem Durchschnitt aller Haushalte von 1.870 Euro.

Energiearme verbrauchen den Großteil der Energie für Heizen

Vom gesamten Energieverbrauch energiearmer Haushalte von 23.370 kWh entfallen auf das Heizen rund 18.080 kWh. Das ist um 50 Prozent mehr Heizenergie als in nichtenergiearmen Haushalten, die nur 12.130 kWh für das Heizen verwenden. Für Warmwasser setzen energiearme Haushalte dagegen nur 1.980 kWh ein, nicht-energiearme Haushalte kommen auf 2.930 kWh. Insofern verwenden energiearme Haushalte um knapp ein Drittel (32 Prozent) weniger Energie für Warmwasser als nicht-energiearme Haushalte. „Der im Vergleich geringere Verbrauch von Warmwasser lässt darauf schließen, dass energiearme Haushalte keine Energie- und Wasserverschwender sind, sondern der hohe Energieaufwand fürs Heizen notwendig ist, um ein Mindestmaß an Raumtemperatur zu erreichen“, erläuterte Studienautorin Alexandra Wegscheider-Pichler von Statistik Austria.

Heizöl wird von energiearmen Haushalten signifikant häufiger eingesetzt als von nicht-energiearmen. In der Gruppe der Energiearmen entfallen anteilig 21 Prozent der Energiekosten auf Heizöl. Bei den nicht-energiearmen Haushalten sind es nur 14 Prozent.

Energiearme leben häufiger in älteren Gebäuden

Energiearme Haushalte leben signifikant häufiger in älteren Wohngebäuden als nicht-energiearme. Rund 52 Prozent der energiearmen Haushalte leben in Gebäuden, die bis 1960 erbaut wurden, dies trifft nur auf 32 Prozent der nicht-energiearmen Haushalte zu. Dementsprechend sind Haushalte in Gebäuden bis 1960 überdurchschnittlich häufig (fünf Prozent) von Energiearmut betroffen. Bewohner von Gebäuden, die ab 1991 erbaut wurden, sind dagegen nur zu 1,1 Prozent energiearm.

Energiearme sind im Schnitt älter und häufiger alleinlebend

Personen in energiearmen Haushalten sind durchschnittlich älter als jene in nicht-energiearmen Haushalten. Personen mit Pflichtschulabschluss als höchster Ausbildung sind deutlich häufiger von Energiearmut betroffen. Während in ganz Österreich 3,1 Prozent aller Haushalte als energiearm gelten, sind es bei den Haushalten mit Pflichtschulabschluss 7,1 Prozent. Zwei Drittel der energiearmen Haushalte sind Single-Haushalte, nicht-energiearme Haushalte nur zu 34 Prozent.

Durch Information Bewusstsein für Energiesparen schärfen

Durch Information und Energieberatung soll energiearmen Haushalten beim Energiesparen geholfen werden. „Mit zusätzlicher Information, Energieberatung und Aufklärung über die Rechte eines Konsumenten am Energiemarkt kann man viel bewirken“, betonte E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. Das Bewusstsein für mögliche Energieeinsparungen sollten auch die digitalen Stromzähler (Smart Meter) verstärken, mit denen Kunden erstmalig regelmäßig zeitnah Informationen über ihren aktuellen Verbrauch erhalten.

Deckelung der Ökostromförderkosten

Einkommensschwache Haushalte, die Anspruch auf die Befreiung von den ORF-GIS-Gebühren haben, können mit dem Antrag auf Gebührenbefreiung gleichzeitig eine teilweise Befreiung auf die Ökostromkosten beantragen. Sie zahlen dann, verbrauchsabhängig, lediglich bis zu 20 Euro pro Jahr an Förderbeiträgen, während ein österreichischer Durchschnittshaushalt rund 100 Euro brutto für Ökostromkosten bezahlt. „Bei einem durchschnittlichen Verbrauch spart sich ein Haushalt mit Ökostromkostendeckelung 80 Euro im Jahr“, sagte Urbantschitsch.

177.000 Haushalte nützen Entlastung bei Ökostromkosten nicht

Laut Angaben der GIS sind derzeit rund 300.000 Haushalte von den Rundfunkgebühren befreit – aber nur 123.000 dieser Haushalte waren per Ende 2015 von den Ökostromkosten teilweise befreit. Urbantschitsch: „Rund 177.000 Haushalte könnten ihre Stromrechnung leicht senken, wenn sie die teilweise Ökostromkostenbefreiung beantragen.“ Voraussetzung ist allerdings, dass jene Person im Haushalt, die von der GIS-Gebühr befreit ist, auch bei Strom der Vertragspartner ist. Die E-Control startet daher neben verstärkten zielgerichteten Informationen eine Inseratenkampagne, in der anspruchsberechtigte Personen auf die Möglichkeit zur Deckelung der Ökostromförderbeiträge hingewiesen werden.

Langfristig: Zielgerichtete Maßnahmen für energiearme Haushalte

Langfristiges Ziel muss aber sein, Unterstützungsleistungen im Energiebereich – egal ob Sach- oder Geldleistungen – nur tatsächlich energiearmen Haushalten zu gewähren. Für diese Anspruchsberechtigung sollte nicht nur das Einkommen, sondern auch der jeweilige Energieverbrauch berücksichtigt werden. Können sich einkommensschwache Haushalte selbst geringe bzw. durchschnittliche Energiekosten nicht leisten, sollte dies unter allgemeiner Armut und nicht unter Energiearmut diskutiert werden.