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„Ich möchte nicht für nichts gelebt haben“

Heute ist Claudia Stöckl bei uns zu Gast. Nur die Rollen sind vertauscht. Nicht sie fragt, sondern wir wollen wissen, was die Frühstückerin des Landes bewegt. Ihr Lebensmotto stammt von Anne Frank: „Ich möchte nicht für nichts gelebt haben“.

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Claudia Stöckl mit "ihren" indischen Kindern. Foto: Michael Inmann Claudia Stöckl mit "ihren" indischen Kindern. Foto: Michael Inmann

Seit zehn Jahren engagierst du dich bei Zuki – den Verein „Zukunft für Kinder“ in Ostindien, der sich vor allem um Straßenkinder kümmert. Wie kam es dazu?

Auf einer Urlaubsreise in Asien habe ich das Elend vieler Straßenkinder gesehen. Ich war so betroffen, dass ich eine Patenschaft übernehmen wollte um zumindest einem Kind zu helfen. So habe ich Zuki und die Initiatorin Marlies Steinbach kennengelernt.

Aus der Patenschaft ist viel mehr geworden. Du bist Obfrau und Aushängeschild des Vereins.

Vor 10 Jahren stand ich kurz vor meinem 40. Geburtstag. Ich hatte schon bei vielen Charities mitgemacht, aber es fehlte etwas. Schon als Kind wollte ich Entwicklungshelferin werden und herausfinden, was man bewirken kann. Also habe ich ein Mail an Freunde, wie Josef Zotter und Robert Kratky, geschickt ob sie eine Patenschaft übernehmen wollen. Mehr als die Hälfte hat mitgemacht! Das hat mich beeindruckt. Es war schön zu merken, welche Wirkung es hat, wenn du selbst überzeugt bist. 

Was ist dein Resumee heute, nach 10 Jahren?

Wir haben mit 120 Kindern begonnen, heute sind es 1.000. Für sie zahlen wir das Schulgeld. 300 Kinder leben in Heimen, der Rest bei den Eltern. Viele unserer Patenkinder werden gerade erwachsen, sie sind selbstbewusst und können ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen. Viele Talente  können sich erst dadurch entfalten. Aktuell haben wir einen jungen Mann, der sich als Mathematikgenie entpuppt hat und auf ein Elitecollege aufgenommen wurde. Das macht mich stolz.

1.000 Kinder unterstützen - das hört sich herausfordernd an

Das ist es. Um die Finanzierung sicherzustellen werden wir in Zukunft nicht mehr nur auf Event-Charities setzen, sondern auch Großsponsoren suchen. Persönlich muss ich sagen, dass die Begeisterung viel Energie  freisetzt. Trotzdem ist es eine Doppelbelastung. Ich fahre zwei Mal im Jahr – in meinem Urlaub – nach Kalkutta und muss aufpassen, dass mir nicht die Luft ausgeht. Ich musste lernen, ein größeres Team aufzubauen, denn allein schafft man das nicht. Interessant ist, dass ich in der NGO gelernt habe, Unternehmerin zu sein (lacht).

Was sagt du Menschen, die einwenden, es gäbe auch bei uns genug Armut

Not kann man nicht vergleichen. Ich engagiere mich in Indien, weil ich diese Form von Verelendung und Aussichtslosigkeit bei uns noch nicht erfahren habe. Mit einer kleinen Summe kann man dort viel bewegen. Natürlich gibt es auch Leute, die meinen, dass in Entwicklungsländern Geld versickert. Das tut mir weh. Wir arbeiten alle daran, dass das nicht passiert. Zuki wird in Österreich dreimal, in Indien zweimal von unabhängigen Prüfern strengstens kontrolliert.  Aber wir können nicht warten, bis sich das System dort ändert. Bis dahin enden Millionen Kinder in der Prostitution oder müssen betteln gehen. Und für so viele kann das verhindert werden. Unsere Kinder erfahren Hilfe und geben Hilfe später auch weiter.  Damit ändern sie die Welt.

Frühstück bei mir ist heuer 19 Jahre alt und schon quasi eine Institution. Was macht es so spannend für dich?

Ich habe erkannt, dass ich ein extrem loyaler Mensch bin, an einer Sache dranbleibe, Entwicklungsschritte setze und immer neue Themen finde. Mittlerweile bin ich ein wandelndes Archiv (lacht). Frühstück bei mir bietet so viel Potential zu gestalten, das Leben ist in seiner ganzen Buntheit vorhanden. Ich will noch immer jeden Sonntag eine spannende Sendung liefern.

Wie gelingt es dir, Persönliches von deinen Gästen zu erfahren?

Ich habe großen Respekt vor Menschen, die den Mut haben, sich persönlich zu öffnen. Man erfährt viel, wenn man zuhört, wenn sich Menschen durch die richtigen Fragen abgeholt und verstanden fühlen. Manchmal bringe ich eine Aussage nicht, weil sie jemanden verletzen würde, obwohl sie für Gesprächsstoff sorgen würde. Da bin ich heute viel kompromissbereiter. Ich muss mich nicht mehr beweisen.

Was war dein letztes persönliches Highlight in deiner Sendung?

Der Kabarettist Klaus Eckel über Flüchtlinge ist im Gespräch draufgekommen, dass er die Möglichkeit hätte, eine Flüchtlingsfamilie aufzunehmen. Drei Monate später lebte eine bei ihm. „Wegen dir“ hat er zu mir gesagt. Es ist schön, wenn es gelingt, Menschen so zu bewegen.

www.zuki-zukunftfuerkinder.at/   

http://oe3.orf.at/programm/stories/claudiastoeckl/

Autorin: Roswitha M. Reisinger