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"Minderheiten sind eine Brücke"

In seiner Geburtsurkunde stehen zwei Vornamen: Máté (ungarisch) und Matthäus (deutsch). Máté Rauschenberger, 23, entstammt der deutschen Minderheit in Ungarn und sieht in der Verbindung zweier Kulturen vor allem Stärken und Chancen.

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Máté Rauschenberger. Privat

Sie verbinden mit Ihrem Projekt „donauschwäbische Kulturstraße / Via Suevia” Ihre beiden Leidenschaften „kulturelle Vielfalt und Tourismus”. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

In zwei Kulturwelten hineinzuwachsen fand ich schon immer spannend. Im Laufe meiner Ausbildung wurde mir bewusst, dass viele meiner Landsleute diesen Mehrwert auch in Ihrem Berufsleben kommunizieren. Als Touristiker will ich meinen Beitrag leisten und Begegnung ermöglichen. Da gibt es noch viel ungenütztes Potenzial.

Was wollen Sie mit der donauschwäbischen Kulturstraße erreichen?

Mein Ziel ist es, Ortschaften der deutschen Minderheit in Ungarn und Kroatien touristisch bekannter zu machen. Sie sind eine europäische Erfolgsgeschichte: unsere schicken Dörfer, lebendigen Traditionen, unser kulinarisches Angebot und vor allem die Weinkultur, die eine Renaissance erlebt, haben viel Potential. Mit donauschwäbischen Winzern werden wir eine Wein-Dachmarke gründen und den Wein europaweit vermarkten, vor allem im deutschsprachigen Raum.

Gibt es bereits Regionen, die Mehrsprachigkeit als Chance nutzen?

Anerkannte Minderheiten stellen für jede touristische Destination eine Ressource dar. Minderheiten sind eine Brücke zwischen Gast und Gastgeberland, sie erleichtern es den Besuchern, das Reiseland schneller und tiefgründiger zu "verstehen". Es liegt an der Bevölkerung vor Ort und deren Organisationen, dies auch zu nutzen.

Vorbild ist sicher Südtirol mit seiner zweisprachigen Alltagskultur. Auf Basis ihrer Brückenposition zwischen zwei großen europäischen Kulturen hat das Land zum Beispiel den Erlebnisweg Culturonda entwickelt. Wirtschaftlich nachhaltige Projekte zeigen, dass diese Vielfalt in Europa nicht nur aus kultureller oder moralischer, sondern auch ökonomischer Sicht anstrebenswert ist. In Rumänien zum Beispiel sind das kulturelle Erbe Siebenbürgens, die alten sächsischen Städte und Kirchenburgen, für den Tourismus von zentraler Bedeutung.

Gibt es nicht zu viele Vorurteile gegen Minderheiten?

Traditionelle Mehrsprachigkeit ist keine Belastung, sondern ein wichtiger Wettbewerbsvorteil für die Region. Das Unwissen ist das größte Hindernis.

Wie würde Ihr Leben aussehen, spielte Geld keine Rolle?

Ich glaube, im Endeffekt würde ich das gleiche tun. Wir in Europa stehen doch nicht so schlecht da, wenn es um die Realisierbarkeit unserer Träume geht. Ich würde aber sicherlich noch mehr Reisen, unsere Botschaft intensiver verbreiten und mehr Zeit für Gespräche mit unseren tollen Winzern nehmen.

Wo sehen Sie sich und Ihr Projekt in 5 bis 10 Jahren?

In fünf Jahren wird Donauschwaben/Südungarn neben Budapest und Plattensee hoffentlich eine bekannte Kulturdestination für das deutschsprachige Publikum sein.

Was in zehn Jahren passiert, kann ich leider nicht sagen. Ich bleibe auf jeden Fall optimistisch, denn was Europa jetzt braucht, ist Optimismus. Mit einem guten Glas donauschwäbischen Wein gelingt das auch einfacher.

Das Interview führte: Roswitha M. Reisinger