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A rose is a rose is a rose...

Genussgrübelein von Jürgen Schmücking

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Jürgen Schmücking auf den Spuren des Genusses. Foto: Liga Jürgen Schmücking auf den Spuren des Genusses. Foto: Liga

Im Souk von Tunis, abseits der breiten Wege, die von Touristen und Souvenirhändlern bevölkert werden, gibt es eine kleine Gasse. Es ist hier deutlich entspannter und leiser. Das Café am Ende dieser Straße ist einfach, Touristen sind eher die Ausnahme, dafür wird zum Kaffee ungefragt eine köstliche shisha, eine Wasserpfeife gebracht. Und ein kleines, wunderschönes Silberkännchen, das uns mit seinen kunstvollen Verzierungen in Windeseile in die Räume Aladins und die Gemächer Scheherezades versetzt. Das Rosenwasser darin wird im Maghreb oft zum (türkischen) Kaffee serviert und macht ihn zu einem orientalischen Erlebnis der besonderen Art. Das Rosenwasser ist dabei nicht einfach nur süßlich floral. Es entsteht als Nebenprodukt der Destillation von Rosenöl aus Rosenblüten und muss – soll es richtig gut sein – auch eine morbid-erdige Note haben. Die zauberhafte Verführungskraft voller Rosenblüte und der sensorisch derbe Nachweis, dass alles Schöne auch vergänglich ist. Es ist die Magie, diese Gegensätze in einem Tropfen Flüssigkeit kondensieren zu können, die orientalisches Rosenwasser so attraktiv macht. Nicht nur zum Kaffee.

Dieser Zauber ist natürlich verführerisch, und so finden wir im Moment eine fast unüberschaubare Vielfalt an Rosenblütendingen in Gläsern, Dosen, Bechern und Flaschen. Zugegeben, die Rose ist natürlich auch die Blume der Liebe und floristisch weniger stilsichere Männer greifen gern dankbar zum Rosenblütensirup. Mein Tipp: Lasst es bleiben. Die Wahrscheinlichkeit, mit dem hässlichsten Blumenstrauß Freude (und Eindruck) zu machen, ist beträchtlich größer als mit dem besten Rosensirup oder der neuesten Rosencreme. Glaubt es mir einfach. Zurück zur Rosenblütending-Vielfalt. Es gibt sie, wie gesagt, in zuckersüßer Sirupform (bei dem in der Regel die Süße alles andere dominiert und bestenfalls ein leicht blütiges Aroma zum Vorschein kommt), in Form von Pestos (kein Kommentar) oder als Marmelade.

Richtig brauchbar dagegen ist die Rose als Rosen-Gewürz-Salz, vor allem, um eine schöne Lammschulter damit zu marinieren. Womit wir wieder wie eingangs beim Orientalischen wären. Vielleicht ist es nicht nur das Romantische, das für den Rosenblütenboom verantwortlich ist. Immerhin gilt die Rose auch als Heilpflanze mit erstaunlichen Wirkungsversprechen: Heuschnupfen, Verstopfung, Ohnmacht, Kopfschmerzen und (kein Scherz) Melancholie. Es gibt die Rosenknospen übrigens auch als Tee.

Wer beim Wein nicht auf den Duft von Rosen verzichten möchte, sollte sich einmal die sensationell guten Rosenmuskateller aus Südtirol genauer anschauen. Was hier an den Hängen der Dolomiten für eine Köstlichkeit wächst, ist weltweit einzigartig.

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